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Fastfood-Verbot und höhere Steuern auf Schokolade? Wir leben im Gesundheitswahn!

Deutschland ist mal wieder zu dick. Das haben wieder einmal Studien bewiesen, Aussagen von Politikern und Medienangeboten unterstreichen dies und vermitteln dem angeblich Dicken, jetzt unbedingt abnehmen zu müssen. Dies gilt vor allem für die Jugend, welche – angesporn durch Mitmenschen – schon eh unter einem „Schönheitsdruck“ stehen. Dieser Beitrag setzt sich ein wenig mit der Frage auseinander, was Schönheit eigentlich ist, wer festlegen darf, was wir als schön zu empfinden und wie wir uns zu ernähren haben.


Deutschland ist mal wieder zu dick. Das haben wieder einmal Studien bewiesen, Aussagen von Politikern und Medienangeboten unterstreichen dies und vermitteln dem angeblich Dicken, jetzt unbedingt abnehmen zu müssen. Dies gilt vor allem für die Jugend, welche – angesporn durch Mitmenschen – schon eh unter einem „Schönheitsdruck“ stehen. Dieser Beitrag setzt sich ein wenig mit der Frage auseinander, was Schönheit eigentlich ist, wer festlegen darf, was wir als schön zu empfinden und wie wir uns zu ernähren haben.

Kampf dem Gesundheitswahn

Wer nicht schön sein will, darf leiden

Zugegeben. Die gewählten Überschriften klingen wieder einmal reißerisch und provokant – sollen es aber auch sein.

Es geisterte am 23.07. durch sämtliche Medien: Politiker fordern höhere Steuerabgaben auf Dickmacher wie Bonbons oder Schokolade sowie Fastfood-Verbot bis zum 16. Lebensjahr – der Grund wieder einmal, die deutsche Jugend sei zu dick.

Auf einer anderen Baustelle: RTL wirbt derzeit um die Zuschauergunst für die neue Staffel einer Real-Life-Sendung – das Thema: Abnehmen.

Wer etwas fülliger ist, der kennt vielleicht auch Baustelle Nummer 3, denn in vielen Bekleidungsgeschäften sind große Größen eher Mangelwahre und es mag hier sicherlich den einen oder die andere geben, die sich im Stillen sagt, er oder sie müsse abnehmen.

Mehr „Baustellen“, sei es real oder medial, braucht man eigentlich gar nicht aufzuführen, denn eines wird schon jetzt anhand dieser drei Beispiele deutlich: Es scheint, irgendwo im Verborgenen, inzwischen verankert in unserer Gesellschaft, in den Ansichten vieler, vermittelt auch durch Medien, ein Ideal zu geben, dass es gilt einzuhalten. Und wehe dem, der aus der Reihe tanzt.

Dies wirft die grundlegende Frage auf: Was ist eigentlich „schön“? Und darf uns jemand sagen, was wir schön zu finden haben und was nicht?
Ist Schönheit nicht etwas, dass im Auge des einzelnen Betrachters liegen und nicht im Verständnis und Empfinden der großen Allgemeinheit verankert sein sollte? Die Antwort lautet zwar „ja“, aber dennoch scheint es hierfür allgemein festgelegte Werte, Vorstellungen, Indizes, personifizierte Vorbilder und dergleichen zu geben, die Schönheit bestimmen bzw. an denen wir Schönheit definieren.

Gleiche Frage: Was ist gesund? Wer hat uns zu sagen, wie wir uns zu ernähren haben, was wir wann essen dürfen und was wann eher nicht? Mit Sicherheit unsere Ärzte, aber doch nur dann, wenn es wirklich gravierende Gründe der Besorgnis gibt! Aber wann ist es gravierend – wenn wir ein paar Werte über Body Mass Index liegen oder die Fettwerte zu hoch sind, was für viele schon Grund zum Abnehmen liefert? Der Arzt unseres Vertrauens wird jemand sein, der berechtigt uns sagen kann, wann es an der Zeit ist, die Schokolade oder den Burger nicht täglich zu uns zu nehmen. Aber dürfen Politiker uns sagen, wie wir uns zu ernähren haben? Auch wenn es im Moment nur reine Vorschläge sind, die vor ihrer Umsetzung erst noch diskutiert werden müssen.

Und was ist mit der Gesellschaft und ihren Werten. Ich habe mich schon seit eh und je gefragt, wer diese Normen und Werte – egal für was – eigentlich festgelegt hat? Mit Sicherheit irgendwo wir alle, ein stückweit die Wirtschaft, Politik und Medien…

Aber steigern wir uns nicht zu sehr in etwas hinein? Haben uns früher Gesellschaft, Politik und vor allem auch die Medien auch schon ein Schönheitsbild, ein Bild von unserem einzuhaltenden Wunschaussehen einzubläuen versucht? Nach meinem Empfinden sicherlich nicht so extrem, wie es heute der Fall ist. Heute lebt man gesund und umweltbewusst, kauft Bio-Produkte, ernährt sich gesundheitsbewusst und übersteigt der errechnete BMI den von der Wissenschaft und vor allem auch von Modemachern gewollten und bestimmten Wert, so nimmt man halt ab, denn man ist ja zu dick. Dies ist das Wunschbild, das aber auch von vielen so umgesetzt wird, entweder aufgrund der eigenen Überzeugung oder durch Vermittlung durch anderer (wie Vorbilder, Werbespots, Soaps und Serien im TV, andere Medien, Wissenschaft, Modemacher etc.) Nicht umsonst versprühte der bis vor kurzem ausgestrahlte Werbespot einer Mineralwassermarke so viel Lebensfreude und -Energie, die durch das alleinige Trinken hervorgerufen werden soll, dass man das Gefühl hatte, es schleudert einem aus dem Fernsehsessel vor lauter Freude und täglichem Wassergenuss – na, welcher Spot hier wohl gemeint ist? 😉

Zugegeben. Sicherlich mögen Ärzte, Wissenschaftler etc. recht mit dem haben, was sie uns seit einigen Jahren verstärkt zu vermitteln versuchen. Aber sollte dies (nach meinem persönlichen Empfinden) nicht auf diese eklatantische Art und Weise geschehen, welche durch „Ich muss unbedingt abnehmen“-Sendungen auf RTL oder anderen privaten Fernsehkanälen vorgetragen wird. Die Menschen, die Teil dieser Sendungen sind, fühlen sich ausgegrenzt aufgrund ihres Körpers, aber doch nur, weil ihnen durch andere (oftmals gertenschlanke Mitmenschen) vermittelt wird, dass sie an ihrer Lebensweise und Situation etwas verändern müssen. Eine 1,70 Meter große Frau mit einem Body Mass Index von 28 könnte locker 80 KG wiegen, ohne mit gesundheitlichen Folgen rechnen zu müssen – dies ist durch Studien in der Vergangenheit bewiesen worden. Der Normalbürger würde hier von „normal“ bis „mollig“ reden, der Modemacher und die WHO bereits von „dick“, denn sie gehen von einem BMI-Idealwert von 25 aus. Doch welche Frau mit dieser Größe und Statur könnte das heute noch wollen? Den Medien sei Dank! Und wieso gelten eigentlich Bodybuilder und Muskelpakete nicht als zu dick? Bloß, weil es Muskel-Masse ist, die sie mit sich herumtragen? Ein Boxer wie Klitschko wäre nach WHO auch zu dick, wegen seiner Muskelmasse. Und, schadet es ihm?

Aber auch vor der jüngsten, noch am besten beeinflussbaren Gruppe machte das Fernsehen nicht halt. „Schatz, wir bringen die Kinder um“ wollte Kindern und Jugendlichen eine gesunde Lebensweise vermitteln, in dem man den jungen Teilnehmern mittels Computersimulation gezeigt hat, wohin ihr Burger-Konsum sie körperlich einmal führen wird – aber wer kann schon in die Zukunft eines jeden übergewichtigen Kindes schauen? Niemand, noch nicht einmal die Sendungsmacher jenes Fernsehkanals, welcher uns mit dieser unsäglich grausamen Abendunterhaltung foltern musste.

Abnehmen muss, wie ein Geschenk, vom Herzen, vom Inneren kommen und nicht, weil alle anderen auch so sind! Ich schätze, dass es so viele – vor allem junge Frauen – gibt, die nicht dick sind, aber dennoch selbiges vehement behaupten.

Aber warum kümmert mich das überhaupt? Werden einige Fragen – ich habe das Problem ja nicht und bin gertenschlank? Na und! Ich bin ja auch Nichtraucher und vertrete trotzdem die Ansicht, dass diese übertriebenen Rauchverbote in öffentlichen Räumen etc. völlig an der Realität vorbei gedacht und wirtschaftlich unvertretbar sind. Also…

Lasst es Euch einmal durch den Kopf gehen.

Viele Grüße hiermit an alle da draußen, von einem, der schlank ist und sich trotzdem solche Fragen stellt und mit dieser Thematik auseinandersetzt.

 

In diesem Essay bezog ich mich u. A. auf:


Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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