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Deutschland auf der Suche … Die Castingsaison hat begonnen!

Seit Ende August ist es wieder so weit – RTL’s Suche nach dem neuen „Supertalent“ eröffnet die diesjährige Casting-Saison.
Auf verschiedenen Fernsehkanälen bekommen wir seitdem diverseste Castingformate geboten, die doch eines gemeinsam haben: die Suche nach einem neuen Sternchen am Musikhimmel, welcher, im schlimmsten Fall, wieder genauso kurzlebig sein wird, wie zahlreiche seiner Vorgänger.
Und in der Tat scheint sich nicht viel seit der letzten Saison verändert zu haben. Lediglich ein paar Gesichter wurden ausgetauscht, ein paar Konzepte neu überarbeitet, aber im Grunde bieten uns die Castingshows nicht viel unerwartetes, nichts neues. Da wären Sportler, Zauberer, Musiker, Künstler, Freaks, Nichtskönner und natürlich die Sänger, die „Das Supertalent“ 2012 zu sein hoffen. Neu ist lediglich die Jury, die in diesem Jahr zwar mit Kultshowmaster Thomas Gottschalk aufwarten kann, die aber gerade durch diese Umbesetzung in der Jury auch vieles an Charme einbüßen muss – Bruce Darnell war kult und gehörte mit seinem Akzent einfach zum „Supertalent“ dazu. Neu ist auch, dass viele der Kandidaten vor ihrem Auftritt gar nicht mehr wirklich vorgestellt werden. Oftmals ist nur eine Anmoderation des Namens, gefolgt von einem kurzen Countdown (3 – 2 – 1) zu hören. „Endlich“, wird der eine oder andere sagen, „mal keine Schicksalsstorys und Tränenvergießerei!“ Doch weit gefehlt. Die Kandidaten, die vor ihrem Auftritt kurz vorgeführt werden, haben durchaus einige Schicksale zu bieten – man kann ja schließlich nicht das gesamte Format von Grund auf umkrempeln!
Einen Tag später, nur auf einem anderen Sender. „X-Factor“ geht in die x’te Runde. Interessant jedoch an diesem Format ist, dass nicht nur Selbstdarsteller gefragt sind. Auch Gesangs- und Musikgruppen können sich hier behaupten und um den Einzug ins Finale hoffen bzw. singen. In diesem Jahr gab es hier auch eine sehbehinderte Sängerin zu bestaunen, die das ewig vorherrschende Klischee des musikalischen Blinden hochhielt. In den letzten Jahren waren in den Staffeln der Sendung „Supertalent“ blinde Talente zu hören gewesen, doch bis zum Finale hat es kaum jemand von ihnen geschafft. Was durchaus beweist: Blinde sind nicht unbedingt musikalisch begabter, als manch Sehender! Eine beruhigende Feststellung, denn schließlich waren die sehenden Künstler im wortwörtlichen Sinne, die Bilder gemalt hatten zwar auch gut, schafften es jedoch ebenfalls in den meisten Fällen nie bis ganz ans Ende einer Staffel.
Zu guter Letzt startete vor kurzem noch „The Voice of Germany“. Der Name ist hier Programm … und ist es dennoch nicht. Hier zählt alleinig der Gesang, der überzeugen muss. Tut er dies nicht, hilft es auch nicht, mit Modepüppchen-ähnlichem Aussehen zu punkten. Denn hier zählt alleinig die Stimme, die Jury sieht während des Auftritts nicht, wer sich dahinter verbirgt. Spannend ist in diesem Zusammenhang auch, dass es scheinbar keine Altersbegrenzung zu geben scheint. Auch Sänger ü30 haben hier eine faire Chance, weiter zu kommen, denn die Jurymitglieder sind ja schließlich auch nicht mehr die jüngsten. Etwas merkwürdig wirkt in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass bei „The Voice of Germany“ viele Kandidaten teilgenommen haben, die überhaupt nicht aus Deutschland kommen. Oder sollte man hier nicht zu kleinkrämerisch sein? Reicht doch, dass sie sich zur Zeit in Deutschland aufhalten … oder? Auch wenn dies nicht auf alle zutrifft, wobei Holland und Luxemburg wohl kein eigenes, ähnliches Format zu bieten haben. Die Macher der Sendung scheinen dies eh nicht zu genau zu nehmen. Dies ist jedoch ein Trend, der z. B. beim „Supertalent“ schon lange anhält. Hier kommen die Kandidaten aus aller Welt, um ihre Künste zu präsentieren. Doch zumeist sind es Magier, Sportler oder andere (oftmals skurile) Künstler, in den seltenen Fällen sind es Sänger.
Etwas strenger bei der Kandidatenauslese geht RTL bei „Deutschland sucht den Superstar“ vor, welches sicherlich im Winter mit einer neuen Staffel wieder an den Start gehen wird. Bewerber aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben hier eine Chance, gehört (und gesehen) zu werden, wobei die Öffnung für die Nachbarländer eine recht junge Erweiterung des Konzepts ist.
Und es gibt auch schon die ersten beendeten Castings. Kurz vor Start der neuen „Voice of Germany“ –Staffel beendete man die Suche nach neuen Mitgliedern für eine neue „Popstars“-Band. Doch wie hieß sie noch gleich? Hat man von denen seither überhaupt mal etwas gehört? Schade für die Mühen der Castingteilnehmer. So schnell, wie sie im Rampenlicht standen, so schnell scheinen sie auch schon im musikalischen Nirvana verschwunden zu sein. Ein Grundproblem dieser ganzen Castingstars; sie sind alle vergänglich und schnell vergessen. Oder weiß noch jemand, wie der letzte Finalist aus „The Voice of Germany“, „DSDS“ oder „Das Supertalent“ war? Was ist mit den anderen Bands und Sänger/innen, die in den letzten Jahren die Castingshows als Gewinner beendeten? Dass sich gecastete Bands irgendwann verkrachen, scheint logisch. Nichts, außer die Musik allein, hält die Bandmitglieder zusammen. Anders bei wirklich langlebigen Projekten, bei denen nicht nur die Musik, sondern oftmals auch eine langjährige Freundschaft die Bandmitglieder verbindet. Und beim Rest? Es mögen die unvorhersehbaren, schlecht ausgefallenen Charterfolge der Grund dafür sein, dass sie von der Bildfläche verschwunden sind.
Und so wird es weitergehen. Jeder, der von sich behauptet, Singen zu können, wird auch weiterhin die Chance bekommen, einmal VIP zu sein. Sollte er seine Aufgabe gut machen, so wird er in der Rige der Kurzlebigen aufgenommen und ist in spätestens 10 Jahren in der nächsten „One Hit Wonder Show“ zu sehen. Es hat scheinbar niemand begriffen, dass man Stars nicht herstellen kann, wie ein Produkt. Ein Phil Collins ist schließlich auch nicht aus dem Nichts entstanden.


Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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