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Zehn Tage (blind durch) Skandinavien – Ein Reisebericht

Übersicht

  1. Tag 1 in Oslo, 18.04.2014
  2. Tag 2 in Oslo, 19.04.2014
  3. Tag 3 in Oslo, 20.04.2014
  4. Tag 1 in Stockholm, 21.04.2014
  5. Tag 2 in Stockholm, 22.04.2014
  6. Tag 3 in Stockholm, 23.04.2014
  7. Tag 1 in Kopenhagen, 24.04.2014
  8. Tag 2 in Kopenhagen, 25.04.2014
  9. Tag 3 in Kopenhagen, 26.04.2014
  10. Tag 4 in Kopenhagen, 27.04.2014
  11. 10 Tage Skandinavien: Ein Fazit

 

Tag 2 in Stockholm: Halbzeit!

Dienstag, 22.04.2014

Trotz des etwas unbequemen Bettes war die erste Nacht in Stockholm widererwartend gut und ruhig verlaufen. Mal von einem Kollegen abgesehen, der mich um 1:30 Uhr aus dem Schlaf klingelte, weil er gerade irgendwas ausprobiert hat. Oder war es 0:30 Uhr? Egal, auf jeden Fall hatte ich schon geschlafen. Hätte nicht gedacht, dass ich auf diesem Bett doch so schnell einschlafen würde: Eine dünne Matratze, die auf einem Holzbrett lag.

Um 8:30 Uhr war Aufstehen angesagt! Das Duschen gestaltete sich in dem kleinen Bad, wie vermutet, etwas abenteuerlich. In kürzester Zeit hatte ich das ganze „Badezimmer“ unter Wasser gesetzt, wie gut, dass ich vorher sämtliche Gegenstände wie Kulturbeutel, Handtücher etc. rausgeräumt hatte.

Das Frühstück war, wie auch schon im Osloer Hotel, reichhaltig. Man konnte aus verschiedenen Brotsorten, Käse, Wurst, Cornflakes, Müsli, Obst und Gemüse, Kaffee oder Tees wählen. Da der Hunger noch nicht sehr groß war, entschied ich mich für Cornflakes.

Nach dem Frühstück holte ich noch ein paar letzte Erkundigungen zu meinen anstehenden Touren und Besichtigungen ein und machte mich auf den Weg zur U-Bahn-Haltestelle in der Gamla Stan, der Stockholmer Altstadt.

Das Hotel liegt am Södermälaren, ein See, welcher sich, ähnlich der Binnen- und Außenalster in Hamburg, in Süd- und Ostmälaren aufteilt. Stockholm ist somit von viel Wasser umgeben, auf der einen Seite der Mälaren, auf der anderen die Ostsee.

Der Weg zur U-Bahn gestaltete sich schwieriger als gedacht. Bauarbeiten erschwerten ein wenig den Weg. Zudem wurde ich anfangs etwas in die verkehrte Richtung geleitet, was am Ende auch dazu führte, dass ich zu spät am Treffpunkt für die Stadtführung ankam.

Also hieß es umdisponieren. Da die Stadtführung durch die Neustadt täglich morgens angeboten wurde, war dies auch überhaupt kein Problem! Als nächstes stand eine Bootsfahrt durch die Kanäle an. Da ich mich direkt am Hauptbahnhof befand, fragte ich mich zu einem Informationsschalter durch, um den genauen Weg zum Bootsanleger zu erfahren. Zu Hören bekam ich ungefähr dies: „Sie sind alleine unterwegs? Sie können da nicht alleine hin, Sie brauchen jemanden, der Sie begleitet.“ Ja, bin ich denn hier in Deutschland oder was? – hätte ich am liebsten geantwortet, denn derartige Aussagen hörte ich in der Vergangenheit bei uns schon des Öfteren.

Nach etwas hin und her bekam ich auch die Auskunft, die ich eigentlich wollte, nämlich die Busnummer, die mich zum Anleger bringen würde. Die Bushaltestelle war direkt am Bahnhof und der Bus Nr. 69 stand auch schon abfahrbereit am Bussteig.

Am Bootsanleger angekommen, fragte ich mich zum Kiosk durch, der die Tickets für die Bootstouren verkaufte. Auf dem Weg dorthin traf ich auf ein älteres Ehepaar aus Australien, welches auch an der Bootsrundfahrt durch die Kanäle mit teilnehmen wollte.

Am Ticketverkauf angelangt, mussten wir feststellen, dass die nächste Bootstour erst in einer Stunde startete – also wieder zu spät, irgendwie hatte ich das Glück diesbezüglich an diesem Tag wohl gepachtet.

Wir nutzten die Zeit für einen kleinen Spatziergang zum Königspalast, um hier einige Foto- und Videoaufnahmen zu machen. Beim Filmen und Fotografieren gab es noch ein kleines, jedoch lustiges Missverständnis. Die beiden Australier beschrieben mir das Portal des Palastes mit seinen Bildern und Monumenten. Dann erzählte mir Linda, dass ich gerade einen „Guard“, also einen Soldaten, gefilmt hätte. Woraufhin ich erst mal fragte, ob es sich hier auch um eine Skulptur handelte?

Die Soldaten, die sich im Innenhof des Königspalasts aufhielten und deren – nennen wir’s einfach mal – „Schichtwechsel“ man täglich um 12:00 Uhr verfolgen konnte, ließen sich ohne Probleme filmen und fotografieren. Anders, als in manch anderen Ländern, in denen das Fotografieren eines Soldaten nicht erlaubt ist. Man durfte ihnen jedoch nicht zu nah kommen, dann wurde man mit einem stummen Handzeichen ermahnt Abstand zu halten. Sie standen regungslos, ohne ein Wort zu sprechen oder großartigen Gesichtsausdruck da. Ich hatte mich gefragt, was wohl passieren würde, wenn ich ihnen zu nahe käme? Das Handzeichen könnten sie bei mir getrost weglassen, dann müsste einer von ihnen – wohl oder übel – sprechen… Ausprobiert habe ich es jedoch nicht!

Nach dem Besuch des Palastes mussten wir auch schon zurück zum Anleger, denn in wenigen Minuten sollte unser Boot ablegen. Dank Rodd hatten wir ausgezeichnete Plätze, um während der 50-minütigen Fahrt einige Aufnahmen machen zu können. Leider konnte ich keine Tonaufnahmen von der Bootstour und den Erläuterungen machen, da diese ausschließlich über Kopfhörer wiedergegeben wurden. Die Bootsrundfahrten fanden in elf Sprachen statt, die Mittels Knopfdruck einfach am Sitzplatz ausgewählt werden konnten. Die Fahrt war äußerst informativ, auch wenn ich die prachtvollen Villen, z. B. den Wohnsitz des Roxette Sängers Per Gessle, nicht bestaunen konnte. Aber das Wissen allein, wo man sich befand und was um einen herum war, reichte mir persönlich vollkommen aus.

Zurück an Land, machte ich mich sogleich auf den Weg weiter zum Vasa-Museum. Die Vasa war ein Schwedisches Schlachtschiff, das 1628 zur Jungfernfahrt mit 150 Personen in See stach und nach 1,5km bereits 30 Meter tief im Meer versank. 1961 wurde das Wrack geborgen und ist nun ein Teil des Vasa-Museums, in dem man das Original-Schiff sowie weitere Modelle und Nachbauten bewundern kann.

Ich bekam nicht nur die Möglichkeit, an einer 25-minütigen Führung in Englisch teilzunehmen, sondern konnte zudem das Modell der Vasa anfassen, welches, für Besucher sonst unantastbar, hinter Glas verschlossen ist.

Ein anderer Gast fand es wohl so faszinierend, wie ich mir das Modell angeschaut hatte, dass er gleich davon ein Foto machen musste. Jedoch wurde er sofort von einer Aufseherin in die Schranken verwiesen, er hätte mich schließlich vorher fragen müssen und könne nicht einfach so andere Leute fotografieren! Ich musste dabei innerlich schmunzeln. Denn ich möchte nicht wissen, wie viele Leute ich in den letzten vier Tagen unwissentlich und ohne zu fragen fotografiert hatte…

Nach dem Rundgang fuhr ich mit der Tram zurück in die Innenstadt, genauer zum Hauptbahnhof. Am Sergels Torg, einem recht großen Platz, der auch Ausgangspunkt für viele Stadtrundgänge war, sollte um 16:00 Uhr eine weitere Führung durch die Altstadt starten – diesen Tipp bekam ich von den beiden Australiern. Zuvor wollte ich jedoch noch etwas essen und fand neben dem großen, am Sergels Torg gelegenen Einkaufszentrum, eine Art Cafeteria, in der ich recht günstig zu Mittag – bzw. zu Nachmittag – gegessen habe.

Nach dem Essen blieb mir noch ein wenig Zeit, vor der großen Treppe am Sergels Platz ein paar Fotoaufnahmen zu machen, bevor um 16:00 Uhr die Altstadt-Tour begann.

Einige der Stadtrundgänge sind sogenannte „Free Tours“, das bedeutet, dass sie im Grunde kostenlos sind, man jedoch am Ende Trinkgeld geben kann und so selber bestimmt, wie viel einem der Rundgang Wert gewesen ist. Unser Tourguide, Sarah, war neu dabei und wir waren somit ihre Jungferntour. Mit von der Partie waren weitere Touristen aus Deutschland, Griechenland, Großbritannien oder der Ukraine. Die Führung dauerte ca. zwei Stunden und führte uns durch Gamla Stan, durch die verwinkelten und zum Teil engen, mit Kopfsteinpflaster gepflasterten, Gassen der Altstadt. Vorbei an Plätzen wie erneut dem Königspalast oder der Deutschen Kirche und durch die engste Straße Stockholms, ein Gässchen, das gerade mal 90cm breit ist. Da ich diese Tour für mich als Erinnerung aufgenommen hatte, machte ich dieses Mal nicht all so viele Fotos.

Die Tour endete in der Nähe vom Södermälarenstrand, also ganz in der Nähe meines Hotels. Da ich jedoch noch keine Lust hatte aufs Hotelzimmer zu gehen, beschloss ich, noch einen Abstecher in die Västerlonggatan zu machen, der Einkaufsstraße der Altstadt, um hier nach Souvenirs Ausschau zu halten.

Es gibt nicht viele, typisch schwedische Mitbringsel, von den handgefertigten Holzpferdchen abgesehen, die auf eine bestimmte Art und Weise angemalt werden. Daher fiel die Ausbeute eher gering aus, denn mit einem T-Shirt oder Ähnlichem verbinde ich nicht wirklich etwas mit einem früheren Urlaubsziel.

Bevor ich zum Hotel zurückkehren wollte, stand mir noch einmal der Sinn nach etwas schwedischem Fastfood. Einen Imbiss zu finden, in dem die schon erwähnte Dünn-Brot-Rolle angeboten wurde, war schwieriger, als gedacht. Aber warum soll es in Stockholm anders sein, als in Hamburg, wo sich im Stadtkern auch nur noch wenige, wenn überhaupt, Imbisse finden lassen, die z. B. einen „normalen“ Hamburger, ohne großen Schnickschnack, im Angebot haben.

Nach einer fast halbstündiger Suche bin ich am Ende jedoch noch fündig geworden, lustigerweise in einem Kebab-Imbiss – hier hätte ich zu aller letzt danach gesucht. Die Geduld zahlte sich aus. Es schmeckte hervorragend, auch wenn die Mischung aus dieses mal Würstchen, Kartoffelbrei, Zwiebeln, Tomaten und Tomatenketchup schon außergewöhnlich war und seinesgleichen sucht.

Nach dem kleinen Abendessen, es war bereits 18:00 Uhr durch, waren die Straßen und Gassen der Altstadt so gut wie ausgestorben. Nur noch die Besucher der Bars und Cafes waren auf den Straßen, da die meisten Geschäfte ihre Pforten langsam schlossen. Jemanden zu finden, der mir den Heimweg ins Hotel beschreibt, war dieses mal nicht einfach. Es braucht bei solchen Dingen vor allem Geduld. Man darf nicht sofort aufgeben, wenn jemand es nicht weiß, kein Englisch spricht, nicht weiß, wie er es beschreiben soll etc. Denn Geduld zahlte sich auch hier am Ende aus!

Und so kam ich zum Schluss – natürlich – wieder wohlbehalten im Hotel an. Die verpasste Stadtführung würde ich jetzt am nächsten Tag nachholen.


Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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