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Den Hamburger Frühlingsdom als Blinder alleine besuchen? Ein Testbericht

Dass man als blinder Achterbahn- und Karussellfan auf einer Kirmes um einiges problemloser Fahrgeschäfte ohne Begleitung nutzen kann, als in so manchem Freizeitpark, zeigten unsere bisherigen Testergebnisse. Scheinbar geht man auf einer Kirmes lockerer mit dem Thema Behinderung bzw. Begleitung um, als in den meisten Freizeitparks. Grund genug, noch weitere Kirmesattraktionen in diesem Jahr zu testen – den Auftakt machten die Fahrgeschäfte auf dem diesjährigen Hamburger Frühlingsdom.

Der Dom ist eine Kirmes, welche drei mal im Jahr für vier Wochen auf dem Heiligengeistfeld stattfindet und durch sein vielfältiges Angebot an Buden und Fahrgeschäften Hamburger und Touristen gleichermaßen anzieht. Der Frühlingsdom fand vom 18. März bis zum 17. April statt, die Testbesuche erfolgten dieses Mal an drei unterschiedlichen Tagen, sowohl in der Woche als auch am Wochenende. Eine Galerie mit Aufbaubildern vom diesjährigen Frühlingsdom hier.

Anfahrt

Den Dom erreicht man mit der U-Bahn-Linie U3, entweder bis Feldstraße oder St. Pauli fahren; am einfachsten ist jedoch der Zugang über die U-Bahn-Haltestelle Feldstraße.

Orientierung

Wie bereits in unserem Sommerdom-Testbericht erwähnt, führt ein Hauptweg zwischen Buden und Fahrgeschäften hindurch. Viele Karussells erkennt man schon durch die laute Musik, die Akustik, die Fahrgeräusche oder auch die Rekommandation und kann sich allein hieran schon gut orientieren. Den Rest muss man einfach erfragen, sollte jedoch auch ein wenig Geduld mitbringen, falls aufgrund der Lautstärke der erste Dombesucher nicht sogleich reagiert oder weiterläuft.

Die einzelnen Fahrgeschäfte im Test

Wilde Maus XXL (Wilde Maus, erweitert mit Laufgeschäft-Elementen), Eberhard:
Diese Bahn gehört seit 2012 eigentlich zur Dom-Stammbeschickung, hatte nur bei unserem Sommerdom-Test pausiert. Die Wilde Maus ist eine sehr beliebte Familienachterbahn, welche in dieser Version 2012 mit Laufelementen erweitert wurde. Um die eigentliche Bahn zu erreichen, muss zunächst ein kleiner Parcours gemeistert werden. An der Kasse wurde ich daher gefragt, ob ich eine Begleitung dabei hätte. Dies verneinte ich und mir wurde angeboten, die Bahn durch den Ausgang, also somit ohne den Parcours, zu betreten. Das Angebot nahm ich an und wurde von einem Mitarbeiter über den Ausgang zu einem freien Wagen geführt beziehungsweise am Ende der Fahrt dort wieder abgeholt und nach draußen gebracht.
Spinning Racer (Spinning Coaster 2000 Nr.4), Bruch:
Eine weitere Familienachterbahn gastierte auf dem diesjährigen Frühlingsdom. Bruchs Spinning Racer, eine Art Wilde Maus, bei der sich die Gondeln in den Kurven drehen, war eine gelungene Abwechslung zur sonst häufig vorzufindenden Teststrecke (siehe Test Sommerdom). Auch hier wurde ich zunächst an der Kasse nach einer Begleitung gefragt und auch hier verneinte ich dies. Ob ich denn alleine Treppen steigen könne, wurde ich gefragt, denn oben könnte mich ein Mitarbeiter dann in Empfang nehmen. Kein Problem. Andere Dombesucher, die ebenfalls auf dem Weg nach oben waren, zeigten mir den richtigen Weg. Am Einstieg wurden mir von einem Mitarbeiter Blindenstock und Rucksack abgenommen und mir wurde der Weg zu einem freien Wagen gezeigt. Auch hier war das Personal nach Ankunft behilflich, die Anlage sicher zu verlassen.
Dom Dancer (Break Dance 1), Rüth:
Hier galt es quasi nachzutesten, denn der Dom Dancer war bereits, wie weitere Fahrgeschäfte auf dem Frühlingsdom, Teil unseres Sommerdom-Tests gewesen. Schon dort gab es keinerlei Probleme, dieses Karussell blind und mit Hilfe des Personals zu nutzen. Das bestätigte sich auch bei der Nachtestung in diesem Jahr. Wieder war das Personal behilflich, beim rasanten Treiben auf der Plattform eine freie Gondel zu finden und am Ende wieder nach unten zu gelangen.
Shaker (Shake R5), Wilhelm:
Und noch eine Nachtestung. Der Shaker von Wilhelm schnitt bereits beim letzten Test sehr gut ab. Dieses Mal war jedoch die Hilfe des Personals nicht erforderlich, da mir andere Fahrgäste beim Ein- und Ausstieg behilflich waren.
Hexentanz (Hexentanz Nr. 2), :
Ein Karussell-Klassiker, denn der Hexentanz Nr. 2 ist auch schon stolze 32 Jahre alt. An der Kasse fragte ich, ob mir jemand behilflich sein könnte. Nach einigen Startschwierigkeiten bekam ich auch einen freien Platz zugewiesen. Ob die Erkundigungen der Kassiererin, ob „er mitfahren darf“ sich auf mich bezog oder ob der nächste Fahrgast gemeint war, welcher mit umgeschnallter GoPro einsteigen wollte, weiß ich nicht. Wichtig ist, die Fahrt fand letzten Endes ohne weitere Komplikationen statt.
Wellenflug (Kettenflieger), Hanstein:
Etwas höher hinaus ging es mit diesem Wellenflieger, welcher es aber nicht mit dem großen Konkurrenten „Sky Dance“ aufnehmen kann. Nichts desto trotz kann man sich ein wenig den Wind um die Nase wehen lassen und bei schönem Wetter die Sonne und etwas den Ausblick genießen. Hilfe bekam ich bei diesem Fahrgeschäft sowohl von einem anderen Gast als auch vom Personal.
Sky Dance (Kettenflieger), Nülken:
Um einiges Höher, auf eine Flughöhe von 43 Meter, ging es mit diesem Fahrgeschäft. Wie auch schon beim Sommerdom-Test gab es auch bei dieser Fahrt keinerlei Probleme sondern viel Unterstützung vom anwesenden Personal.
Apollo 13 (Booster Maxx 55/16), Küchenmeister:
Definitiv ein Blickfang war dieses neue Fahrgeschäft, welches auf dem Frühlingsdom Premiere feierte. Auch hier waren mir andere Fahrgäste beim Einstieg behilflich. Eine Nachtestung erfolgt auf einer anderen Kirmes in Kürze. Vielleicht hat sich bis dato auch der Fahrtablauf etwas geändert, denn für das gezahlte Geld war die Fahrt mehr als kurz und kann auch durch die Optik und showähnlichen Einlagen nicht wettgemacht werden.
High Impress (Contact), Oberschelp:
Dieses Fahrgeschäft kannte ich bereits von der letztjährigen Cranger Kirmes, bin es jedoch noch nicht ohne Begleitung gefahren. Bei allen drei Fahrten war das Personal sehr zuvorkommend und ließ es sich nicht nehmen, mir trotz der Begleitung durch einen anderen Gast, zu helfen – top!
Rotor (Laufgeschäft), Pluschies:
Frei nach dem Motto „öfters mal etwas neues wagen“ wollte ich mal ein Laufgeschäft testen, welches jedoch, das wusste ich aus Erzählungen, auch eine kleine Fahrattraktion beinhaltet. An der Kasse wurde ich gefragt, ob ich denn wisse, was hier auf mich zukäme? Dies konnte ich bejahen, denn dass man am Ende wie die Fliegen an der Wand klebt, wurde mir schon berichtet. Nach weiterer Hilfe brauchte ich auch hier nicht zu fragen, denn ein hinter mir wartendes, 8-jähriges Mädchen, bot mir ihre Hilfe an und führte mich, total routiniert und frei von Berührungsängsten, als hätte sie das schon tausendmal gemacht, durch das Laufgeschäft hindurch. Das Highlight des Rotors ist ein runder Raum, in dem sich die Fahrgäste an die Wand stellen müssen. Der Zylinder dreht sich sehr schnell und durch die Zentrifugalkraft kleben die Fahrgäste förmlich an der Wand, was ganz schön auf dem Rücken gehen kann, aber dennoch eine sehr spaßige Angelegenheit war.

Fazit: Wieder Test bestanden!

Dass man bei der Bewertung der Ergebnisse einer Kirmestestung anders vorgehen muss, als bei einem inhabergeführten Freizeitpark, ist nur logisch. Denn hier stehen jedes Fahrgeschäft und somit jeder durchgeführter Test für sich.

Beim Test der Fahrgeschäfte des diesjährigen Hamburger Frühlingsdoms gab es durchweg positive Ergebnisse. Entweder halfen andere Dombesucher oder jedoch das Personal stand mir mit Rat und Tat zur Seite; mitfahren durfte ich aber in jedem Fall. Sie alle können somit Vorbild für manch Freizeitpark mit Einschränkung sein. Wir sind daher gespannt, wie weitere Kirmes-Tests in diesem Jahr ausfallen werden.

Für die Beschicker des Frühlingsdoms würden wir von Parkerlebnis.de uns freuen, wenn sie auf weiteren Jahrmärkten dieses Niveau beibehalten würden und sagen auch dieses Mal wieder „Herzlichen Glückwunsch“ zum bestandenen Test!


Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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