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Blindismen: Die körpersprache blinder Menschen oder etwas, das es abzustellen gilt?

Oftmals handeln wir nach bestimmten Mustern. Diese Verhaltensmuster haben wir uns im Laufe unseres Lebens angeeignet, uns abgeschaut und erlernt. Als Kind zu lernen funktioniert – zu einem Großteil – über das Auge. Babys lernen sehr schnell, die Mimik und Gestik der „Großen“ zu imitieren und später für sich zu verinnerlichen.

Doch bei vielen geburtsblinden Menschen fehlen diese Informationen. Sie können eben nicht (oder nur eingeschränkt) als Kind die Gesten der Erwachsenen nachahmen und für sich lernen, wie man mit dem Körper spricht. Hinzu kommen noch weitere Schwierigkeiten, wie die Unsicherheit der sehenden Eltern, wie ihr blindes Kind erzogen werden soll, wie sie ihrem Kind Dinge beibringen können etc. und nicht zuletzt auch die – vor allem früher – auftretenden, weiteren Erkrankungen.

Gerade bei geburtsblinden Menschen sind häufig Verhaltens- und Bewegungsmuster zu beobachten, die vor allem sehende Menschen im Umgang mit Blinden verunsichern und irritieren. Die sogenannten „Blindismen“, dieses Bewegen des Oberkörpers oder das Wiegen des Kopfes verunsichert viele und macht einen lockeren, offenen Umgang miteinander somit aus Sicht vieler unmöglich.

Doch was sind diese „Blindismen“ und woher kommen sie? Was sind die Ursachen und kann man Abhilfe schaffen? Sollte man überhaupt Abhilfe schaffen, wo doch sehende Menschen auch viele Ticks und Gesten an den Tag legen, die auf viele – ob nun blind oder sehend – befremdlich wirken könnten?

Im folgenden Beitrag versuche ich, anhand von einigen Quellen, Antworten auf die skizzierten Fragen zu geben.

Was versteht man unter „Blindismen“?

Unter Blindism (oder Blindismen) „versteht man gemeinhin blindentypische Verhaltensweisen, wie etwa permanentes Hin- und Herwippen mit dem Oberkörper, Augenbohren mit ein oder zwei Händen, rhythmisches Kopfwackeln und ähnliche Bewegungsauffälligkeiten. Derartige ‚Blindismen‘ findet man nicht selten bei Menschen vor, die seit frühester Kindheit blind sind oder schon blind auf die Welt kamen“ (Seuß 2010). Die Ursachen für derartige Verhaltensmuster sind zumeist in einem Bewegungsdefizit begründet. Auch für menschliche Bewegungsstereotypien ist die Ursache ein Mangels an alternativen oder weiterführenden Bewegungsformen. Speziell blinde und sehbehinderte Menschen, aber auch Autisten und anderweitig eingeschränkte Personen sind bei der selbstständigen Erkundung der Umgebung in Bewegung mehr oder weniger beeinträchtigt. Zwar können sie sich theoretisch bewegen, sind aufgrund der mangelnden Reaktionsfähigkeit auf Umweltbedingungen bei der Bewegung in der Umgebung aber dennoch eingeschränkt“ (Nonnenmacher 2017).

Aber nicht nur eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten tragen zum Entstehen von Blindismen bei. Allein die Tatsache, dass blinden und hochgradig sehbehinderten Kindern die visuellen Reize und Wahrnehmungsmöglichkeiten fehlen, um (vor allem visuelle) Verhaltensmuster ihrer Mitmenschen aufzunehmen und umzusetzen, können zur Entstehung und Entwicklung führen. „Ohne Zweifel ist die visuelle Wahrnehmung von zentraler Bedeutung für die menschliche Informationsverarbeitung, wie etwa bei der Lokalisation und Identifikation räumlich entfernter Objekte, der Steuerung und Koordination zielgerichteter Bewegungen, der Integration von Informationen verschiedener Sinnesmodalitäten, der Wahrnehmung von nonverbalen Signalen in der zwischenmenschlichen Kommunikation oder dem Lernen am Modell. Es verwundert daher nicht, daß der Ausfall des Gesichtssinns mit einer Reihe von Entwicklungsgefährdungen, Entwicklungsproblemen und Entwicklungsbesonderheiten geburtsblinder Kinder einhergeht, wobei dem Schweregrad, der Ursache bzw. der Art der Sehschädigung sowie dem Vorliegen weiterer Beeinträchtigungen eine bedeutsame moderierende Funktion zukommt“ (Beelmann/Hecker 1998).

Der Begriff „Blindismen“ wird zwar häufig von selbstbetroffenen, also blinden Menschen benutzt, findet sich jedoch auch im wissenschaftlichen und medizinischen Diskurs um dieses Thema wieder. Jedoch sollte mit einer derartigen Begriffsstereotypisierung vorsichtig umgegangen werden. „Verhaltensweisen wie das Schaukeln mit dem Oberkörper oder das Augenbohren wurden lange Zeit insbesondere in der angloamerikanischen Literatur auch als Blindismen (blindism) bezeichnet. Diese Bezeichnung suggeriert jedoch fälschlicherweise, daß solche Auffälligkeiten ursächlich mit der Blindheit zusammenhängen. Stereotypien können jedoch auch bei geistigbehinderten , autistischen oder auch bei nichtbehinderten Kindern auftreten“ (Beelmann/Hecker 1998; vgl. auch Nonnenmacher 2017)

Wann kommen Blindismen zum Ausdruck?

Blindismen kommen meistens dann zum Ausdruck, wenn der Betreffende sich in einer ihn erregenden Situation befindet. Freude, Aufregung, Wut, Trauer, Unsicherheit, Angst, aber auch Einsamkeit oder Alleinsein können Gefühlssituationen sein, in denen sich Blindismen bemerkbar machen und auftreten können. „Was sicher zu vielen Missverständnissen führt, ist die Körperhaltung blinder Menschen. Oft drückt sie Ablehnung aus, was der Blinde aber keineswegs beabsichtigt und was ihm auch nicht bewusst ist. Da sind zum Einen die Blindismen […], die sich viele blinde Kinder aus Langeweile angeeignet haben und nie mehr loswerden. Viele tun das auch in Gesellschaft und wissen gar nicht, wie ungewöhnlich sie damit auf sehende Mitmenschen wirken“ (Reissakis 2000; vgl. auch Beelmann/Hecker 1998 und Nonnenmacher 2017).

Aus meiner persönlichen Sicht als selbst Geburtsblinder ergeben sich hier jedoch durchaus Parallelen zur Körpersprache, zur Mimik und Gestik sehender Menschen: Das Auf- und Zuklicken eines Kugelschreibers, das Malen auf einem Blatt Papier während eines Telefonats, das Spielen mit Gegenständen, das wilde Gestikulieren während eines Gesprächs und noch weitere Ticks und Angewohnheiten – dies sind alles Verhaltensmuster Sehender, die durchaus auch beispielsweise durch innere Erregung hervorgerufen werden und auf blinde Menschen, die mit der Gestik Sehender nicht so vertraut sind, befremdlich wirken könnten. „Ich finde es immer sehr amüsant, wenn ein sehender Mensch neben mir ständig gestikuliert. Sein ganzer Körper scheint in Bewegung zu sein, was ja manchmal direkt in Gymnastik ausartet“ (Reissakis 2000).

Fazit: Sollte man das Auftreten von Blindismen eindämmen?

Äußerst erschreckend und bedenklich im Diskurs um Ursachen, Symptome und „Heilung“ von Blindismen, ist die teils vertretene Ansicht, dass es sich hierbei um eine Krankheit oder eine psychische Störung handelt. Dies wird nicht nur dadurch deutlich, dass in der Literatur sehr häufig von „Anomalien“ die Rede ist. Im wohl aktuellsten, Deutschsprachigen Beitrag zum Thema, wird ausdrücklich das Aufsuchen eines Arztes empfohlen: „Ein Blindism sollte auf jeden Fall von einem Arzt behandelt werden. Je früher die Behandlung dieser Krankheit stattfindet, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit auf eine vollständige Heilung des Betroffenen. In vielen Fällen ist die Krankheit für den Betroffenen selbst nicht direkt zu bemerken, sodass vor allem Außenstehende den Patienten auf die Symptome aufmerksam machen müssen. Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn der Patient seinen Oberkörper wippt oder schaukelt oder den Kopf andauernd bewegt. Diese Beschwerden treten vor allem bei blinden Menschen auf. Auch ein Stechen der Finger in die Augen kann auf Blindism hindeuten und sollte auf jeden Fall von einem Arzt untersucht werden. Auch bei Kindern muss bei den ersten Anzeichen dieser Krankheit ein Arzt aufgesucht werden. Damit können weitere Komplikationen und Folgeschäden vermieden werden. In der Regel kann bei dieser Beschwerde ein Psychologe aufgesucht werden. Weiterhin ist allerdings eine Behandlung oder eine Therapie bei einem Spezialisten notwendig, der blinde Patienten betreuen kann. Damit können die Beschwerden langfristig eingeschränkt werden“ (Nonnenmacher 2017). Derartige Ansichten fördern keines Wegs das Verständnis gegenüber blinden Kindern, durch derart Formulierungen und Handlungsvorschläge könnten Sehende noch weiter abgeschreckt werden und blinde Kinder somit als „nicht normal“ herabgestuft werden.

In der Diskussion, wie bei der Erziehung, Beschulung und Betreuung blinder Menschen das Phänomen Blindismen verhindert werden könnte, sind sich laut Seuß Blindenpädagogen – aus meiner Sicht auch verständlicherweise – uneinig. „es werde im Pädagogenkreis durchaus die Ansicht vertreten, blinde Kinder und Jugendliche hätten ein ‚Recht auf Blindismen‘. Wenn es ihrem Bewegungsdrang entspreche, müsse man diese Anomalien den blinden Menschen doch zugestehen. Sehende hätten schließlich auch Verhaltensweisen, die nicht allseits akzeptiert werden. Mich hat diese Auffassung sehr betroffen gemacht. Ich bin zwar kein Pädagoge, sondern allenfalls kompetent aufgrund eigener Betroffenheit, dennoch kann ich eine derartige „Akzeptanz“ auf Pädagogenseite nicht gut heißen“ (Seuß 2010). Als Vorschläge zur Beseitigung dieser „Anomalie“ rät Seuß (zum Glück) nicht zu einem Arzt- oder Psychologenbesuch. Vielmehr sieht er die Pflichten ganz klar bei den Eltern, Lehrern und Betreuern. Die Kinder müssten zu körperlicher Bewegung, erst innerhäuslich, später außerhäuslich, motiviert werden. Lassen sich Blindismen dadurch nicht eindämmen oder sogar vollends abstellen, so sollte im späteren Verlauf des Heranwachsens mit dem betroffenen Kind über seine Verhaltensweisen und die Wirkung selbiger auf andere (Sehende) gesprochen werden (vgl. Seuß 2010).

Doch ist es – aus meiner Sicht als selbst geburtsblinder Autor – wirklich so verwerflich, wenn ein blinder Mensch ein gewisses Maß an Blindismen an den Tag legt, so lange es ihm trotzdem möglich ist, sich in sein soziales Umfeld zu integrieren? Wie Seuß in seinem Beitrag ebenfalls anführt, fehlen einem blinden Kind die visuellen Informationen, Umgangsformen und Nachahmungsmöglichkeiten, die ein sehendes Kind nun einmal besitzt. Mimiken und Gestiken könnten zwar auch von einem blinden erlernt werden, sind dann jedoch auch nur – wie ein erlerntes Handwerk – anzuwenden und abzuspielen und entsprechen somit nicht der von Kindheit an gelernten Handlungsweise, sondern eher einem antrainierten Handeln.

Eher tendiere ich für eine etwas ausgewogenere, lockere Debatte über dieses Thema. Zwar führt Seuß ebenfalls das sehr passende Beispiel des Bewerbungsgesprächs an, bei dem das Gegenüber – mehr denn je – auf Körpersprache etc. achtet, jedoch stellt sich die Frage, ob eine erlernte Körpersprache nicht sogar eher roboterhaft gestellt und somit unauthentisch wirken und schlussendlich erst recht zur Ablehnung führen könnte?

Untersuchungen haben gezeigt, dass Blindismen oftmals nur durch ein Mangel an Bewegung auftreten. Bei sportlich sehr aktiven, blinden Menschen seien, so Seuß, Blindismen – wenn überhaupt – nur in geringer Form vorzufinden. Bewegung ist jedoch nichts neues, das jetzt durch die Modeerscheinung Echo-Ortung massiv gefördert wird. Ob und wie sich ein junges, blindes Kind bewegt und seinem Spiel- und Bewegungstrieb ausleben kann, obliegt am Ende nämlich nicht dem Trainer, der einem Kind Clicksonar beibringt, sondern den Eltern selber, wie sie ihr Kind erziehen und welche Möglichkeiten der Bewegung, nebst Freiräume, sie ihm bieten. Jedoch vermute ich, dass man durch viel Bewegung das Phänomen Blindismen zwar verringern, jedoch nicht komplett abstellen wird. Ferner ist zu befürchten, dass viele Eltern geburts- oder früherblindeter Kinder diese „Freiräume“ nicht adäquat zu nutzen wissen. Hierzu zählt beispielsweise das Herumtoben draußen, bei dem das Kind – wie man es bei sehenden Kindern auch kennt – durchaus auch mal schmerzliche Erfahrungen beim Hinfallen mit kleineren Blessuren oder Schürfwunden machen muss, das Laufen ohne Stock, auch z. B. auf dem heimischen Grundstück, das (Er)Klettern auf Gegenständen oder Bäumen – einfach das von Sehenden gewohnte, kindliche Spiel. Kinder sollten somit nicht blind, d. h. immer mit der Behinderung im Hinterkopf und dem Gedanken daran, was es eben nicht kann, erzogen werden.

Doch zurück zur Körpersprache. Werfen wir abschließend doch noch einen Blick auf die Gestik Sehender, jenes auf Blinde höchst seltsam wirkende Schattenboxen, bei dem man sich doch manchmal fragt, ob der Sehende bei so viel Gestik seinem Gesprächspartner nicht schon einmal – versehentlich – eine Ohrfeige verpasst oder ihm das Glas aus der Hand geschlagen hat? Wenn wir uns selbst gegenüber diese wilden Gesten eingestehen können, warum sind wir nicht in der Lage, dieses Recht anderen auch zu gewähren? Weil es der geselllschaftlichen Norm nicht entspräche und, weil Menschen, die – weil sie etwas erregt oder aufregt – den Oberkörper wiegen nun einmal einen komischen Eindruck hinterlassen?

Im Umkehrschluss führt übrigens, dies scheint keiner der sehenden Beobachter und Befürworter der Eindämmung von Blindismen zu bemerken, ein komplettes Abstellen von blinder Körpersprache zum Stillstand. Da einem als blindes Kind zwar eingebläut wird, nicht aufzufallen, dieses und jenes möglichst nicht zu tun, entfallen skurilerweise andererseits die Ratschläge, welche die Sehendenmimik und -Gestik beinhaltet. Da die Blindismen abgestellt wurden, herrscht bei vielen Blinden somit Unsicherheit: Was soll ich mit meinen Händen tun? Welche Körperhaltung ist der Situation, meinem Gefühlszustand angemessen? Wenn man stocksteif da sitzt wie eine Statue, wird man nämlich von den Sehenden genauso fasziniert, irritiert und verunsichert beäugt. Also was sollen wir Blinden dann tun? Dann doch lieber Gefühlen den richtigen Ausdruck verleihen. Und was „richtig“ ist, entscheidet, bei Euch Sehenden, ja letzten Endes auch die Situation und nicht, was im Lexikon der erlernten Gestiken steht.

Literatur

Andreas Beelmann, Werner Hecker (1998): Entwicklung und Entwicklungsprobleme blinder Kinder. (Aus): Spuren in die Zukunft. Lebensperspektiven sehgeschädigter Menschen. Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte Nürnberg. Online abrufbar u. A. über http://archive.li/EgkJT (Zuletzt zugegriffen am 29.10.2017).
Dorothy Burlingham (1961): Some Notes on the Development of the Blind. (Aus): Psychoanal. St. Child, 16: 121-145, Auszug online abrufbar unter http://www.pep-web.org/document.php?id=psc.016.0121a (Zuletzt zugegriffen am 29.10.2017).
Domingos de Oliveira (2016): Mobbing an Blindenschulen – warum Förderschulen kein Paradies für Behinderte sind. Online abrufbar unter http://www.oliveira-online.net/wordpress/index.php/2016/12/14/mobbing-an-blindenschulen-warum-foerderschulen-kein-paradies-fuer-behinderte-sind/ (Zuletzt zugegriffen am 29.10.2017).
Nonnenmacher (2017): Blindism: Anzeichen, Symptome, Ursachen, Behandlung, Vorbeugen, Selbsthilfe. Online abrufbar unter http://symptomat.de/Blindism (Zuletzt zugegriffen am 29.10.2017).
Petra Raissakis (2000): Gestik und Mimik. Online abrufbar unter http://www.anderssehen.at/alltag/berichte/gesicht.shtml (Zuletzt zugegriffen am 29.10.2017).
Christian Seuß (2010): Erziehung in den Blinden- und Sehbehindertenschulen – Haben Blinde ein „Recht auf Blindismen“. (Aus): Horus 3/2010. Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. Online abrufbar unter http://www.dvbs-online.de/horus/2010-3-4712.htm (zuletzt zugegriffen am 29.10.2017).


Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

3 Antworten auf „Blindismen: Die körpersprache blinder Menschen oder etwas, das es abzustellen gilt?“

Sehr interessanter Beitrag. Ich habe selbst einen sehr guten blinden Freund. Und frage mich, ob es in Ordnung ist, ihm Feedback zu seiner Körpersprache zu geben.
In gewissem Maße wird Körpersprache auf jeden Fall bewusst auch bei sehenden Menschen trainiert. Klassiker: „verschränk die Arme nicht, das wirkt abweisend“ oder „Nimm die Hände aus den Hosentaschen. Das wirkt faul“
Im Bezug auf Blindismen aber eben auch obiger Verhaltensweisen, die sich Sehende abtrainieren, kann man natürlich argumentieren, man solle sich der Gesellschaft nicht beugen.
Andererseits nützt es auch nicht viel, das Konzept Gesellschaft infrage zu stellen. Zumindest nicht radikal. Letzten Endes liegen Dinge wie Vorurteile oder eben das Bilden einer Gesellschaft dem Menschen in den Genen. Es ist unumstritten, dass der Mensch ein Gruppentier ist.
Ich finde, zum einen sollte jeder seine eigene Wahrnehmung reflektieren. Zum Beispiel bei Begegnung mit blinden Menschen. Zum anderen kann aber auch jeder die Signale, die er sendet, reflektieren. Ich möchte eigentlich freundlich auf andere Menschen wirken. Deshalb gehe ich zum Beispiel bewusst mit offen Armen (also leicht nach vorne gedrehten Unterarmen) auf Menschen zu. Das habe ich mir angewöhnt und ich trete damit meiner eigenen Erfahrung nach wirklich offener, lockerer und kontaktfreudiger auf. Ich mache der Gesellschaft keinen Vorwurf, dass sie meine Körpersprache vorher nicht akzeptiert hätte. Das würde nämlich genau gar nichts bringen. Ich habe an mir selbst gearbeitet und bin zufrieden mit mir.
Ich habe das Gefühl, dass ein blinder Mensch nur indem er auf die Normen der Gesellschaft schimpft, nicht viel erreichen wird. Ich glaube eine gesunde Mischung wäre ein offener Umgang mit Angewohnheiten und Körpersprache aber eben auch einfach Verständnis für die Wahrnehmung des Gegenübers.

Moin Alex,
Vielen Dank für deinen Kommentar! Ich habe ja nicht gesagt, dass man Blindismen einfach so hinnehmen muss/sollte. Habe lediglich für etwas mehr Toleranz geworben. Denn oft ist es ja so, dass die Minderheit sich der Mehrheit beugt, so wie auch hier. Sollte jemand mit Blindismen in Erscheinung treten, wird er von Sehenden komisch beäugt. Die Marotten mancher Sehender jedoch werden indess teils einfach so hingenommen und akzeptiert.
Sicher ist es wichtig, sich ein wenig mit Körpersprache auseinander zu setzen und deine genannten Beispiele sind zwei sehr gute Beispiele, die man auch als Blinder durchaus umsetzen kann. Jedoch geht Körpersprache – nach meinen bisherigen Erfahrungen – nur in Maßen umzusetzen. Es ist einfach wie ein erlerntes Handwerk und geschieht wohl eher nicht, wie bei Euch Sehenden, intuitiv aus der Situation heraus.

Da die meisten als Blindismen bezeichneten Bewegungsabläufe unbewußt ausgeführt werden, können die meisten betroffenen Personen sie auch nicht beeinflussen. Als nicht betroffener kann man aber fragen, ob man denjenigen darauf hinweisen soll.

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