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Als Blinder auf großer Fahrt: Sind Kreuzfahrtschiffe ohne sehende Begleitperson überhaupt nutzbar?

Seit einigen Jahren erfreuen sich Kreuzfahrten auf Flüssen und Weltmeeren sehr großer Beliebtheit. Begehrte Reiserouten und Kreuzfahrtziele sind bereits Monate vor dem eigentlichen Reisetermin ausgebucht – Schnellsein lautet bei der Buchung also die Devise.

Neben der Frage, welche Route man gerne auf seiner Kreuzfahrt entlangreisen und welche möglichen Städte man besuchen möchte, stellt sich vor allem Menschen mit einer Behinderung die sehr berechtigte Frage, ob eine Kreuzfahrt unter den jeweils gegebenen Umständen das „richtige“ Reiseangebot für sie ist?

Zwar gibt es für blinde und sehbehinderte Menschen, neben der einfachen Möglichkeit des Reisens mit einer Begleitung (z. B. Freund oder Partner), auch die Option, sich einer speziellen Reisegruppe anzuschließen, denn hier kann im Bedarfsfall für eine Begleitperson gesorgt werden, doch sicherlich ist das Reisen in Gruppen nicht jedermanns Geschmack bzw. mögen es auch einige auch eher individueller. Sich beim alleine Reisen ohne sehende Begleitung in Städten oder im gebuchten Hotel durchzufragen, um ans gewünschte Ziel zu kommen, stellt in der Regel keinerlei Probleme dar. Doch wie verhält es sich, wenn man als blinder Reisender eine Kreuzfahrt buchen und antreten möchte, jedoch ohne einen Sehenden unterwegs ist? Gibt es Seitens der Veranstalter bzw. der Reedereien Einschränkungen bei der Nutzbarkeit ihrer Kreuzfahrtschiffe für einen blinden Gast? Oder wird man auch als Blinder – wie der sehende Passagier auch – mit offenen Armen empfangen und kann seinen Aufenthalt an Bord uneingeschränkt genießen?

Um dieser Frage nachzugehen, startete ich im vergangenen Jahr eine kleine Recherche bei den bekanntesten Reedereien und Kreuzfahrtanbietern, welche Kreuzfahrten im In- und Ausland anbieten, ob es blinden Passagieren, auch ohne einer sehenden Begleitung, möglich und erlaubt sei, an einer Kreuzfahrt auf eines ihrer Schiffe teilzunehmen. Insgesamt wurden vierzehn Anbieter und Reedereien angeschrieben, die Antworten fallen teils sehr unterschiedlich aus – wie die folgende Auswertung zeigt.

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Gedanken-Gänge XXXI – „Wo ist Ihre Begleitung?“ oder: Über Beschützerinstinkte, die keiner braucht

Viele von uns Menschen mit Behinderung kennen diese Situationen nur zu gut: Man befindet sich irgendwo, ob in einem Restaurant, in einem Laden, in der Bahn, im Konzert, im Kino oder im Schwimmbad und wird (für den nicht Behinderten wie selbstverständlich) nach einer vorhandenen Begleitperson gefragt. Dem „Warum“ dieser Frage auf dem Grund zu gehen ist dabei gar nicht so einfach. Einerseits sind es die vielerseits vorhandenen Selbstunterschätzungen (was wäre, wenn ich jetzt in der Situation wäre?), andererseits das vorhandene Halbwissen über den Schwerbehindertenausweis, seine sog. Merkzeichen und deren Bedeutung.

Was Beschützerinstinkt, Selbstunterschätzung und Überforderung mit der Situation anbelangt, so hilft einem hier häufig nur zu versichern, dass man dieses oder jenes auch alleine schafft. Zeigt sich der andere unbeeindruckt, könnte man auch freundlich hinterfragen, ob er/sie in dieser Situation eine Begleitung dabei haben würde? Doch stößt diese Gegenfrage meist auch wieder auf Unverständnis („Wieso, ich bin ja nicht blind/sitze ja nicht im Rolli etc.“); was aber auch nur wieder zeigt, wie wenig sich viele Menschen tatsächlich mit dem Leben mit Behinderung und den vorhandenen Möglichkeiten auseinandersetzen. Viele, auch unter den Leuten mit Behinderung, argumentieren hier, woher es nicht Betroffene auch besser wissen sollten? Aber sorry, diese Pauschalausrede kann, genau wie die Pauschalforderung nach Begleitung, ebenso getrost an der Kasse zurückgelassen werden.

Spannend ist dabei die Beobachtung, dass – wie bei kleinen Kindern – Anbieter, Betreiber, Supervisoren und teils sogar nur Kassierer immer besser zu wissen glauben, wann, wo, wie und wieviel ich als Gast Begleitung brauche. Und selbst, wenn ich mich in meinem Nutzungswunsch, dieses oder jenes ohne Begleitung tun zu wollen, überschätzen würde, obliegt es am Ende trotzdem weiterhin mir und nicht einer fremden Person, hierüber zu urteilen – ein Wunschtraum, auch noch im einundzwanzigsten Jahrhundert.

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Blind auf dem Hamburger Frühlingsdom 2019 – Ein Testbericht

Frühlingszeit. Das bedeutet für viele auch der Startschuss zur Freizeitpark- und Kirmessaison – so auch seit vielen Jahren in Hamburg, wo von Ende März bis Ende April der Frühlingsdom seine Pforten öffnet und ein attraktives Programm für junge und junggebliebene Kirmesbesucher bietet.

Dass man es als blinder Karussell- und Achterbahnfan, was die Hilfsbereitschaft und Nutzbarkeit (vor allem auch ohne anwesende, sehende Begleitung) auf Deutschen Kirmesplätzen scheinbar einfacher hat, die Angebote ohne Einschränkungen zu nutzen, konnte ich für meine für Parkerlebnis durchgeführten Testbesuche regelmäßig unter Beweis stellen. Der Frühlingsdom 2019 war, mehr noch als frühere Domveranstaltungen, auf Familien als Zielgruppe ausgerichtet – dies bedeutete weniger Überkopf- und adrenalingeladene Fahrgeschäfte und Achterbahnen als zuvor. Zudem feierte die „Geisterfabrik“, eine interaktive Geisterbahn, ihre lang angekündigte Premiere. Ein Grund, bei einem sehr ausführlichen Domtest, die Nutzbarkeit von Attraktionen verschiedenster Art wieder einmal unter die Lupe zu nehmen.

Getestet wurde an insgesamt zwei Tagen; ich war, wie auch schon bei unseren früheren Testbesuchen, zumeist ohne sehende Begleitung auf dem Gelände unterwegs.

Ich sitze in einer Gondel des Dom Dancers (Bild Copyright Parkerlebnis.de)

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Gedanken-Gänge XIX – Lebensgefährten sind keine Lebens-Assistenten

Eine Partnerschaft (oder einfach Beziehung) sollte doch für beide Seiten erfüllend sein. Beide Partner sollten, so sie es aufgrund persönlicher und/oder sexueller Vorlieben nicht anders entschieden haben, gleichberechtigt und gleichwertig diese Partnerschaft ausleben können. Dies gilt selbstverständlich sowohl für Menschen mit als auch ohne Handikap.

Warum schreibe ich dies? Ich habe im Kontakt mit Sehenden oftmals nämlich den Eindruck, dass eine Teils verquere Ansicht herrscht, wenn es um eine Partnerschaft zwischen einer blinden (oder allgemein gehandikapten Person) und einem Menschen ohne Handikap geht. Denn sehr häufig wird der sehende Partner mehr als Assistenz gesehen, anstatt als Teil einer Liebesbeziehung.

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Blind im Hamburg Dungeon: Grusel, Grauen und viel Humor – Ein Testbericht

Blind Freizeitparks zu nutzen und zu erleben ist, das haben wir in unseren vergangenen Tests bereits erläutert, nicht immer von Erfolg gekrönt. Sicherheitsbestimmungen und TÜV-Vorgaben schieben der uneingeschränkten Nutzung oftmals einen Riegel vor.

Doch wie verhält es sich bei Indoor-Aktivitäten und Attraktionen: Können interaktive Ausstellungen, Museen und sonstige Attraktionen von Blinden, ohne einen sehenden Begleiter genutzt werden?

Den Auftakt dieser Indoor-Testreihe, abseits der sonst üblichen Park- und Kirmeswege, machte im Oktober vergangenen Jahres das „Hamburg Dungeon“.

Im Jahr 2000 gegründet, bietet das „Dungeon“, welches übrigens zur Merlin Gruppe gehört (wie z. B. der von uns bereits getestete Heidepark auch), seinen Besuchern auf rund 3000 QM schaurig-schöne Begebenheiten aus der Hamburger Geschichte. Zwischen Pest und Piratenschlachten, Hexenverbrennungen und sonstigen Ereignissen, nehmen die Besucher an einer interaktiven Tour teil und werden dabei nicht nur von Schauspielern begleitet, sie nehmen aktiv am Geschehen der Tour teil. Wer hier jedoch punktgenaue, historisch aufbereitete Fakten erwartet, der sollte lieber ein herkömmliches Museum oder seinen Geschichtslehrer konsultieren, denn der Spaß- und Gruselfaktor stehen hier ganz klar im Vordergrund. Wenn man dies bei seinem Besuch im Hinterkopf behält und sich darauf einlässt, kann man 90 Minuten eine Menge Spaß haben.

Da wir bei unserem Heidepark-Test feststellen mussten, dass es blinden Besuchern bei den meisten Attraktionen nicht möglich ist, diese ohne sehende Begleitung zu nutzen, waren wir sehr gespannt, wie eine zur Merlin-Gruppe gehörende Indoor-Attraktion mit dieser Thematik umgehen würde.

Kleine Randbemerkung: Da wir natürlich interessierten Hamburg-Besuchern die Spannung nicht wegnehmen möchten, werden wir im folgenden Testbericht so wenig wie möglich auf inhaltliche Dinge der Führung eingehen – selber hingehen und erleben, lautet also die Devise. 😉

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Wenn Freunde und Partner zu Betreuern werden… Ein Kommentar zu einem Aktion Mensch Blogbeitrag von Mirien Carvalho Rodrigues

Einer Leseempfehlung folgend, bin ich heute Morgen auf diesen Beitrag von Mirien Carvalho Rodrigues gestoßen. Die Autorin beschreibt in ihrem Blogbeitrag sehr prägnant, dass in einer Partnerschaft zwischen gehandicapten und nichtgehandicapten Menschen der Partner ohne Handicap in unserer Gesellschaft leider immer noch als Betreuer gesehen wird. So wird die gemeinsame Partnerschaft oftmals eher als Nutzgemeinschaft gesehen und abgewertet, also eher als praktisches Zusammenleben anstatt als erfüllende Beziehung. Mirien Carvalho Rodrigues führt in ihrem Beitrag vor allem auch die Beispiele beim Einkauf an, wo Verkäufer im Beisein des sehenden Partners das Kundengespräch lieber mit diesem führen, anstatt mit der blinden Kundin – wer von uns kennt das nicht auch…

Ein Sehr zutreffender Beitrag, in dem ich mich an so manchen Stellen (als ebenfalls Blinder) wiederfinde.

Aber es muss noch nicht mal der Partner sein! Jeder Sehende, der uns – und wenn nur kurz – begleitet, wird sogleich in die Betreuer-Schublade gepackt. Ob nun ein Freund, mit dem wir einkaufen oder essen gehen oder ein Passant, den wir auf der Straße nach dem Eingang zu einem Geschäft fragen. Immer sind es unsere Begleiter oder Betreuer. Nur warum? Traut man uns auch heute noch wirklich so wenig zu, dass man uns immer einen Dauerbegleiter und -Beschützer an unsere Seite stellen möchte?

Und warum sind viele Menschen oftmals nicht in der Lage, mit uns zu reden, sobald sich jemand Sehendes mit im Raum oder im Zugabteil befindet? Beißen wir? Vermitteln wir wirklich den Eindruck, zerbrechlich und verletzbar zu sein, nur weil man uns eine Frage zu unserem Leben als Gehandicapter stellt?

Mit uns zu reden muss immer noch eine derartige Hürde sein, dass Leute selbst, wenn man sich in ein Gespräch mit einklinkt, betreten schweigen und die Unterhaltung nicht mehr fortsetzen – nur warum?

Wenn mich die ewige Frage, ob der Herr oder die Dame, die mich eben in das Geschäft geführt hat, meine Begleitung oder Betreuung ist und mich auch am Ende wieder abholt, zu sehr nervt, so antworte ich ganz nüchtern und trocken: „Nein, das ist nicht mein Betreuer, das ist mein Bewährungshelfer!“

Jetzt können die Leute wirklich mal betreten schweigen! Manche nehmen es mit Fassung hin, andere wenden sich ab… aber endlich mal nicht, weil ich ’nur‘ blind bin!

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Belantis – AbenteuerReich auch für einen Blinden? Ein Erfahrungsbericht

Als Blinder allein, ohne sehende Begleitung, einen Freizeitpark und vor allen die sich in ihm befindenden Attraktionen zu nutzen – das ist, nach unseren bisherigen Tests, nicht immer ein einfaches Unterfangen. Denn oftmals ist eine Nutzung der Fahrgeschäfte nur mit vorhandener sehender Begleitung möglich, wenn überhaupt. Dieses Mal galt es Belantis in Leipzig zu testen.

Dieser Test war vielversprechend, denn in unserer Vorrecherche teilte man uns letztes Jahr bereits mit, dass eine Nutzung der Attraktionen durch blinde Parkgäste keinerlei Probleme darstelle und das Personal gerne helfend zur Seite stünde. Eine Aussage, die es zu testen galt, denn schon einmal konnten wir uns nicht auf die Ergebnisse aus der Vorrecherche verlassen, da ein Park zwischenzeitlich seine Sicherheitsbestimmungen hinsichtlich der Parknutzung durch Menschen mit Handikap geändert hatte.

Zu Beginn des Tests war ich allein, das heißt ohne Beobachter im Hintergrund, unterwegs. Parkerlebnis-Redakteur Thomas stieß später zum Test dazu.

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Blind durch den Allgäu Skyline Park – Ein Testbericht

Kann man als Blinder in Deutschland Freizeitparks uneingeschränkt nutzen?

Dieser Frage versuche ich derzeit im Rahmen einer Recherche für einen neuen Artikel nachzugehen. Vorab nur so viel: Leider ist es blinden Besuchern nur in sehr wenigen Parks gestattet, die Fahrattraktionen auch ohne sehende Begleitung uneingeschränkt zu nutzen. Zu einem dieser Vertreter zählt der Allgäu Skyline Park, welchen ich am vergangenen Wochenende mit Unterstützung von parkerlebnis.de getestet habe.