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„X-Diaries“ und „Abenteuer Afrika“. Zwei neue Formate des realen Lebens auf RTL2

Realität hat Hochkonjunktur, zumindest im Fernsehen. Ein neues Realityformat folgt dem nächsten – ein Grund, einmal näher auf das Phänomen „Reality-TV“ einzugehen.

In dieser Essay- und Kommentar-Reihe sollen zunächst zwei neu gestartete Reality-Sendungen kommentiert werden, bevor abschließend am 23.08. ein größeres Essay zum Thema hier veröffentlicht wird.

X-Diaries – Love, Sun & Fun (RTL2)

Sommer, Sonne und nackte Haut. Der Traum fast eines jeden. Ganz klar, dass sich damit auch Quote machen lässt. Denn es ist doch erwiesen, dass Erotik, kleine Kinder und niedliche Haustiere, Tränen und Streitereien, Klischees und Stereotypen die Einschaltquoten einer privaten Fernsehstation in die Höhe treiben. Nicht umsonst haben sich Talkshows in den 90er Jahren recht gut im Programm halten können und nicht umsonst tingelt Britt weiterhin mit ihren immer sexuell angehauchten Talkshow-Themen durch’s SAT.1 -Programm.

Doch wir sind hier bei X!Diaries – der Name lässt schon vermuten, worum es hier gehen soll. Eigentlich ja um nichts besonderes. Bloß um einige feierwütige Teenies, die klischeehaft nach dem Millionär der Träume oder einem One-Night-Stand suchen, um einen Junggesellenabschied und nicht zuletzt um eine Familie, bei der aber auch anscheinend nicht mehr alles im Lot zu sein scheint (oder warum hat sich die Frau gleich ‘nen Spanier geangelt?). Allesamt haben ihr Privatleben für’n Appel und’n Ei an RTL2 verhökert und nerven den Fernsehzuschauer mit ihren Querelen, Streitigkeiten und sexuellen Frustrationen – toll!

Da dachte man, mit “Big Brother” und dem Rest der Real-Life-Pest wär man auf das schlimmste vorbereitet, doch wie heißt es so schön: “Schlimmer geht immer”.

Aber kommen wir doch nochmal zurück auf die angesprochenen Klischees.
Zickenterror, junges Gemüse, welches natürlich nach einem reichen Lover sucht, eine frustrierte Mutter, welche aufgrund ihrer Fülle natürlich sämtliche Eisdilen aufsucht und nur ans Essen denkt (wir müssen das Klischee der fresssüchtigen Übergewichtigen ja einhalten)… und natürlich nicht zu vergessen: S.E.X.X.X.! Ohne letztere Beigabe und wichtigste Zutat einer solchen Real-Life-Suppe ließe selbige sich ja wohl kaum an den Mann bringen.

So funktioniert Real-Life-Fernsehen, ohne Niveau, mit viel angeblicher Erotik und Rumgezicke, dass einem die Ohren klingeln und man das gewisse Zucken im Finger auf dem Ausschaltknopf an der Fernbedienung verspürt.
Ehrlich. Man braucht nicht sehen zu können, um diese Sendung zu bewerten. Das alleinige zuhören reichte mir schon…

 

Abenteuer Afrika – Deutsche Teenies beißen sich durch (RTL2)

Das dicke Kind mit Namen „Abnehmsendung“ muss wirklich unglaublich Fett an Einschaltquote sein! Oder warum rotzt RTL2 (nach ihrer Schwester RTL) schon wieder ein solches televisionäres Unding in die Fernsehlandschaft? „Weil’s Einschaltquoten bringt und das Thema brandaktuell ist“ – werden die einen oder anderen Befürworter sagen, denn Deutschland ist ja zu dick. Aber moralisch geht diese Sendung wiedereinmal gen NULL.
„Abenteuer Afrika – Deutsche Teenies beißen sich durch“, eine neue Sendung am Reality-Himmel, startete am 16.08. auf RTL2.

Wir Sehen:
Einen Haufen Teenies (Moment, gilt man mit 21 wirklich noch als Solcher?), welche in die WüsteNamibias geschickt und zur Arbeit und zum Abnehmen verdonnert und durch sogenannte Experten betreut werden. So der offizielle Auftrag und Sinn dieses Formats. Manche der Teilnehmer kennt man schon aus früheren RTL2-Produktionen, so z. B. Jasmine, welche sich bereits in der Sendung „Frauentausch“ die Blöße gegeben und ihre Privatsphäre und persönliche Meinung für 1500 Euro an die Produktionsfirma verramscht hat. Und wer weiß, ob man nicht auch all die anderen Teilnehmer aus irgendwelchen vergangenen Realityshows zusammengeklaubt hat – oder sollte sich wirklich jemand freiwillig für so eine Fernsehprozedur gemeldet haben? Gerade weil manche ja bereits Erfahrungen vor der Kamera sammeln konnten und feststellen mussten, dass z. B. ein „Frauentausch“ ein Tausch nach Drehbuch ist?

Was wir WIRKLICH sehen…
… ist die Vorführung dicker Menschen, immer mit erhobenem Zeigefinger wegen ihres Übergewichts. Das übliche Spiel mit dem Klischee, dass dicke Menschen nicht arbeiten wollen / faul sind, einer gehörigen Portion Zickerei sowie Kneipensprache. Denn natürlich dürfen auch in dieser Sendung die Wörter „Arschloch“ oder „Schlampe“ nicht fehlen, wer würde sie sich sonst schon noch anschauen!

Sollten sich die Teilnehmer wirklich einiger Kilos entledigen wollen, so geschieht dies sicherlich nicht mit Hilfe eines solchen Formats, denn Expertenhilfe sieht sicherlich anders aus!
Dass vor allem die teilnehmenden Personen durch die Inszenierung und sie vorführende Schnitttechnik für die nächsten Jahre zum Gespött und Gesprächsthema gemacht werden, daran hat wohl wiedereinmal niemand so wirklich nachgedacht – am wenigsten der Sender und die von ihm beauftragte Produktionsfirma. Auf der anderen Seite wird aber auch wiederum niemand dazu gezwungen, sich und sein Übergewicht zur Schau stellen zu lassen…Oder etwa doch?


Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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