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Körperkult: Schön, Schlank, Braungebrannt?

Im folgenden Gedankengang soll es um die Frage gehen, inwieweit Medien uns Schönheitsbilder vermitteln, was wir daraus machen und was für Auswirkungen diese auf uns und unser soziales Umfeld haben könnten. Nicht alles ist durch Quellen belegt – wie gesagt, dies ist lediglich ein Gedankengang.

Dass Medien in gewisser Weise einen Einfluss ausüben können, indem sie bestimmte Inhalte transportieren, die vom Nutzer wahrgenommen, aufgenommen, verarbeitet und teilweise dann praktisch umgesetzt werden, ist hinlänglich bekannt. Dies gilt für die unterschiedlichsten Bereiche des alltäglichen Lebens, ob nun Kindererziehung, Schuldenreduzierung, Kochen, Partnersuche, Jobsuche, Auswandern, Aussehen verändern, Modeln, Singen, Tanzen; für scheinbar alle Vorkommnisse, die ein Leben mit sich bringen kann, halten Medien etwas in ihrem schier nicht endenden Ideenreichtum bereit. Doch, dies habe ich bereits auch in früheren Beiträgen erwähnt, können Medien nur Stereotypen und Klischees festigen, die bereits latent in den Köpfen der Nutzer vorhanden sind. Normen, Werte, Ideale und Vorbilder werden auch anderweitig vermittelt, nicht nur durch Medien. Wobei Medien, aber auch das soziale Umfeld dazu beitragen können, dass man diese Normen und Werte einhält.

Dies gilt in besonderem Maße für das Aussehen eines Menschen, welches in diversen Medien seine Darstellung findet, aber auch außerhalb der Medien von oftmals allzu großer Bedeutung ist. Hier haben sich in den vergangenen Jahrzehnten Schönheits(vor)bilder gefestigt, welche der Mensch, angetrieben von seinem sozialen Umfeld, einzuhalten versucht. Dies mag im Besonderen für Frauen gelten, da sie oftmals, mehr als Männer, auf eine makellose Erscheinung bedacht sind.

Das Aussehen scheint immer an Modeerscheinungen gekoppelt zu sein. Ob nun Kleidungsstil, Rasur, Haarschnitt, Nagellackierung, Make-Up, Piercings und Tatoos, aber auch die Statur eines Menschen. Für vieles, das sich verändern und korrigieren lässt, scheint es irgendwo Vorbilder und Normen zu geben, die man einzuhalten hat. Tut man dies nicht, so läuft man Gefahr, von seinem Umfeld nicht mehr vollständig akzeptiert zu werden, wie man es uns in unzähligen Fernseh-Formaten versucht vorzubeten. Dies gilt natürlich insbesondere für die Reality-Formate, welche alltäglich über den Bildschirm flimmern und uns ein Schönheits- und Menschenbild vermitteln wollen, welches, so ist erschreckend festzustellen, leider scheinbar vor allem von Jugendlichen angenommen wird.

Der mediale Mensch ist gertenschlank oder zumindest sportlich. Ist er männlich, so sollte er muskulös sein, mit breiter Schulter zum anlehnen. Ist er weiblich, so wären die Standardmaße von 90:60:90 angebracht, mit einer angemessenen Oberweite, Kussmund, einem schönen Gesicht. Auf keinen Fall sollte der mediale Mensch mollig oder übergewichtig sein. Die Frau sollte sich schminken und ihr Aussehen dem eines Models angleichen. Trifft dies nicht zu, so ist eine Anpassung des Körpergewichts oder von Körperteilen an das Ideal vorzunehmen. Hierbei sind seit geraumer Zeit diverse televisionäre Körperretter im Einsatz, welche mit Rat und (Un-)Tat dem scheinbaren Außenseiter beim Abnehmen und bei sonstigen Körperveränderungen zur Seite stehen.
Vor allem der Fingerzeig auf das Körpergewicht und das Aussehen findet immer wieder Einzug auf die Themenlisten von Reality-Shows und Doku-Soaps. Nicht umsonst ging „The biggest looser“ in diesem Jahr in die zweite Runde, nicht umsonst gab es in der Vergangenheit zahlreiche Sendungen, welche versprachen, aus einem hässlichen Entlein einen schönen Schwan zu machen und immernoch ist Übergewicht ein gernverbratenes Thema in den nachmittäglichen Reality-Soaps auf RTL. Auffällig bei letzterem Typus ist, dass Übergewicht in den meisten Fällen als etwas unbedingt zu beseitigendes dargestellt wird. Tut man sich diese televisionäre Erniedrigung, auch wenn sie nur gestellt ist, an und beobachtet, in welcher Form Menschen und ihre (angeblichen) körperlichen Probleme dargestellt werden, so ist es sehr häufig die Beseitigung, welche als letzter Ausweg gewählt wird. Warum sollte man auch für Toleranz gegenüber seinen Mitmenschen, egal wie sie nun aussehen, im Sensationsfernsehen werben? Damit lässt sich keine Quote machen und beeinflussen kann man dadurch auch niemanden!

Aber nicht nur in Reality-Formaten gibt es schöne und erfolgreiche Körper zu bewundern. Hatte man noch in den neunziger Jahren das Kinderfernsehen hinsichtlich der angeblich schädlichen, gewalthaltigen Inhalte zu verurteilen versucht, so gibt es inzwischen ein ganz anderes ‚Problem‘, welches thematisch in Kindersendungen und teils auch in von Jugendlichen rezipierten Daily Soaps und Castingshows behandelt wird: Der mediale Mensch von heute muss nicht nur schön sein, er sollte auch erfolgreich sein. Jung, hübsch, erfolgreich und ein Star – das scheint die mediale Botschaft zu sein, die vermittelt werden soll. Und sie zeigt Wirkung! Nicht umsonst wurde in einer Studie herausgefunden, dass Sendungen, welche dem Genre Reality-TV angehören und ein gewisses Schönheitsideal vermitteln (beispielsweise durch Schönheits-Operationen), gerade jugendliche Zuschauer animieren, sich ebenfalls unters Messer zu legen. Was das Star-Sein anbelangt, so sind die jährlichen Kandidatenzahlen der Castingshows Beweis genug. Wer beides kombinieren will, der lässt sich bei Germany’s Next Zickenkrieg runterputzen und, sollte man in den Augen der Jury immer noch zu dick sein, rauswerfen.

Der Trend ist deutlich: Nicht der individuelle Mensch scheint mehr zu zählen. Er muss angepasst sein und sich angleichen. Dies geschieht natürlich medienunabhängig automatisch, angefangen im Kindesalter, mehr noch in der Pubertät, wo der Mensch wohl am meisten noch dazu neigt, auf der Massenwelle mitzuschwimmen. Dieses Schwimmen auf der Welle setzt sich jedoch im weiteren Verlauf des Lebens fort – dies gilt natürlich nicht nur für den Bereich des Aussehens, auch wenn es hier oftmals am auffälligsten zu sein scheint.

Medien vermitteln Schönheitsideale – oder festigen vorhandene Vorstellungen von schönen Körpern zumindest. Hinzu kommen natürlich noch gesellschaftliche, teils aber auch von den Medien aufgegriffene, Vorstellungen. Man denke nur an den Zwang, im Sommer unbedingt braungebrannt aus dem Urlaub kommen zu müssen. Oder an die zahlreichen Personen, die sich Tonnen von Schminke ins Gesicht schütten müssen. Zu erwähnen sei noch die erschreckende, in zahlreichen Online-Foren geführte Diskussion, an welchen Körperstellen Mann sich rasieren sollte (Beispiel: http://de.answers.yahoo.com/question/index?qid=20070728093312AAaPApm). Allein die Tatsache der Diskussion wirft die Frage auf, ob dies nicht jedem selber überlassen sein sollte? Aber selbst hier scheint es neumodische Trends zu geben – wer auch immer sie ins Rollen gebracht hat.

Der Körperkult nimmt weiter zu, das Individuelle bleibt auf der Strecke. Bleibt nur noch die Frage, ob die Menschen bei all ihrer Energie, die sie für ihren perfekten Body aufwenden, mal einen Gedanken daran verschwenden, was dieser ewige Schönheitswahn vielleicht aus ihnen (auch charakterlich) macht? Oder anders: Wenn Menschen selber so sehr auf ihr Äußeres bedacht sind, achten sie dann vielleicht nicht auch bei anderen viel zu sehr auf die Äußerlichkeiten anstatt auf den Charakter (Stichwort Beuteschema)?
Wie aussagekräftig ist das Aussehen wirklich? Ist ein übergewichtiger Mensch wirklich gleich ein schlechterer (fauler)Mensch, so wie es uns das Fernsehen vorführen möchte?
Sinkt mit diesem ewigen Körperkult nicht auch die Akzeptanz für Leute, die sich (und dadurch auch andere) einfach so hinnehmen, wie sie sind?

Zum Weiterlesen empfehle ich noch folgende zwei Artikel zum Thema:
http://diestandard.at/1277339491134/Studie-Reality-TV-erzieht-OP-Junkies
http://eltern.t-online.de/fernsehen-reality-tv-provoziert-trend-zu-schoenheitsoperationen-bei-jugendlichen/id_42430978/index


Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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