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„Mein Mann kann…“ oder: Spiele, die die Welt nicht braucht

Gestern (am 08.07.) endete die zweite Staffel von „Mein Mann kann“ mit einem Frauenspezial. Genau so hirnsinnig und unnötig, wie schon die zahlreichen vorherigen Episoden, versuchte das Privatfernsehen uns mit altbackenen Rollenklischees und platten Wettkämpfen zu langweilen; auch wenn die Quoten eine ganz eigene Sprache sprechen.

Was ist das überhaupt?
Bei „Mein Mann kann“, moderiert übrigens von der wohl noch einzigen, dem Privatfernsehen gebliebenen Talkmasterin Britt und Harro, einem „Galileo“-reporter, treten vier Paare gegeneinander an. Anders jedoch, als z. B. in „Die Traumhochzeit“ oder „Die 100.000 Mark Show“, bei der die Paare zumeist auch als Paare angetreten sind, ist hier lediglich einer aktiv und kämpft, während der (die) andere den Einsatz bestimmt. Im Klartext: Während der Mann im Glaskasten um seine nächste Aufgabe bangt, pokert seine Partnerin um den neuen, von ihm zu erbringenden Einsatz. Selbige sitzt nämlich mit ihren drei Rivalinnen an einem Tisch, erhält 100 Spielchips und „schätzt“, wie viele Fensterscheiben ihr Mann wohl mit einem Fußball zerschießen, wie viele Chilischoten er in 45 Sekunden essen, ob er eine Stretch-Limousine einparken, stehend auf einem Pferd reiten oder bei Frauen die Körpchengröße bestimmen kann. Schafft er es nicht, wird ihr Einsatz auf die anderen drei aufgeteilt. Wer keine Chips mehr hat, darf gehen. Irgendwo zwischen wahrer Fehleinschätzung und Überheblichkeit bewegen sich die Einsätze der Frauen, welche mit ihrer Stimme auch den Ablauf der vom Mann zu bewältigenden Aufgabe bestimmen. Was als Überprüfung der Kenntnisse des Partners deklariert wird, ist – schlicht gesagt – ein pures Spiel mit den anscheinend immer noch vorherrschenden Geschlechterrollen: Der Mann muss ein Allrounder sein, geschickt, stark und muskulös. Schafft er seine Aufgabe nicht, so ist sie enttäuscht, hätte sie doch mit einem viel stärkeren Ergebnis und mit höherem (Körper-)Einsatz gerechnet; der nächste Streit ist vorprogrammiert, es kann uns keiner weißmachen, dass die teilnehmenden Paare nur aus bloßem Spaß an dieser Show teilnehmen, ohne das viele Geld im Blick zu haben.

Aber auch die Gegenseite durfte sich am 08.07. bei der letzten Episode der 2. Staffel profilieren: Wie viele Gläser schafft sie in zwei Minuten mit Bier zu füllen? Wie viele Gläser puren Zitronensaft (den sie vorher mit einer Hand selber auspressen durfte), schafft sie zu trinken? Dinge, die die Welt nicht braucht, welche aber anscheinend immer noch das leicht angestaubte Bild verstärken wollen, dass Frau für Mann das Bier zu holen hat? Oder soll das etwa Ironie sein?

Ein Glück endete das Debakel und man verschont uns wieder für eine Weile. Aber auch wenn Sat.1 die Stereotypenkiste vorerst schließt. RTL2 bringt dafür gleich den nächsten Burner an den Start: Ein Blondinen-Quiz. Kann man uns nicht auch mit diesem ewigen, idiotischen Klischee (blond, blauäugig, blöd) verschonen? Anscheinend scheint das Spielen miteinander (z. B. als Paar in der „Traumhochzeit“ oder ähnlichen Gameformaten) langweilig geworden zu sein, so dass uns nun Gameshows mit bestimmten Personengruppen präsentiert werden müssen. Was kommt dann als nächstes: Schicken die privaten Fernsehkanäle dann vielleicht mollige Menschen in die Kampfarena? Ach halt, das gab es ja schon – in gewisser Hinsicht, auch wenn hier nicht das Spielerische, sondern das Abnehmen im Vordergrund stand.

Erstaunlich ist, dass sich immer wieder Freiwillige für solche Formate finden. Weniger erstaunlich ist hingegen, dass sich Zuschauer solch „Abendunterhaltung“ wirklich antun und sich von dieser „unterhalten“ und bespaßen lassen. Denn die Lust auf Sensationen, die es zu befriedigen gilt – und die hier gestellten Aufgaben können ebenfalls als solche gelten -, ist ja in der Fernsehlandschaft nichts neues mehr. Immer wieder neu sind lediglich die Formate, in denen sich Kandidaten zur Schau stellen und zum Affen machen lassen.

Aber das ist heutiges Entertainment und die Masse dankt es den Sendern ja mit passablen Quoten. Zudem wurde das Format „Mein Mann kann“ bereits in 39 Länder weltweit exportiert. Ob die Aufgaben dort dann auch so schwachsinnig sind?

Quellen

Hirzel, Joachim (2010): „Mein Mann kann“: 50 000 Euro für kaputte Fenster. (Auf): Focus Online, http://www.focus.de/kultur/kino_tv/focus-fernsehclub/mein-mann-kann-50-000-euro-fu er-kaputte-fenster_aid_530531.html (Zugegriffen am 09.07.2011)
Raab, Katharina (2010): Mein Man kann. (Auf): stimme.de, (Zugegriffen am 09.07.2011)


Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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