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Alles RETRO… oder was?! | Teil 1: Die „Sesamstraße“

Es ist an der Zeit, sich nach langer Pause mal wieder medialen Themen zu widmen. Auftakt hierzu bildet eine neue Artikelreihe, welche sich ein wenig mit Medienangeboten vergangener Tage auseinandersetzen soll.

Wieso? Weshalb? Warum? – Die „Sesamstraße“

Mitte der 1970er Jahre, zu einer Zeit, in der Fernsehen für Kinder, gerade für die Jüngsten, immer noch in den Kinderschuhen steckte, wurde in Deutschland eine Sendung aus den USA importiert, welche sich „Sesame Street“ („Sesamstraße“) nnennt. Konzept dieser pädagogisch intendierten Reihe war es, Vorschulkindern aus sozial schwächeren Familien Bildung zu vermitteln: Lesen, Schreiben, Rechnen, sozialer Umgang usw. usf. Was zunächst recht zaghaft begann und mit höchst kritischen Augen beobachtet wurde, entwickelte sich über all die Jahre hinweg zu einem enormen Publikumsmagneten – und dies nicht bloß bei Kindern. Denn auch heute noch sind die Figuren, mit denen unsere Eltern quasi aufgewachsen sind, in der „Sesamstraße“ vorhanden: Ernie, Bert, Graf Zahl, Kermit, Samson, Grobi, Krümelmonster, Oscar aus der Tonne. Sie alle lehrten uns viele nützliche Dinge, kindgerecht und, das war vor allem den Pädagogen wichtig, ohne jeglichen Einsatz von Gewalt. Action, Verfolgung und Gewalt, das alles fand in der heilen, behüteten Welt der „Sesamstraße“ keinen Platz. Aus heutiger Sicht wirken die Bilder und Geschichten beschaulich, verträumt und zum Teil auch langsam; bedenkt man, dass die Kinder von heute bereits früher, als noch vor 25 Jahren, mit dem Medium Fernsehen in Kontakt kommen und daher auch viel früher lernen, mit dem bewegten Bild umzugehen. Puppentrick und –Theater à la „Sesamstraße“ wirkt im Gegensatz zu den modern animierten Serien des Privatfernsehens altbacken.

Ausgestrahlt wurde die Sendung zunächst nur in Nord- und Westdeutschland. Der Bayerische Rundfunk verweigerte eine Ausstrahlung, da die zuständigen Redaktionen die soziale Situation in Deutschland in dieser Sendung nicht korrekt dargestellt sah. Die „Sesamstraße“ wurde somit zunächst in allen dritten Programmen der ARD, mit Ausnahme des genannten Bayerischen Rundfunks, ausgestrahlt.

Da diese Sendung ein US-Export war, musste sie natürlich für den deutschen Markt angepasst, d. h. synchronisiert werden. Seit Ende der 1970er Jahre wurden zudem Rahmenhandlungen ausschließlich für die deutschen Episoden produziert. Dies waren kleine Einspieler und Verbindungsstücke vor bzw. zwischen den einzelnen, kleinen Geschichten. Auch neue Figuren, welche im US-amerikanischen Original nicht existierten, wurden geschaffen. Samson, Tiffy oder Rumpel sind drei ihrer wohl bekanntesten Vertreter.

Dass die „Sesamstraße“ mit ihren Geschichten, Gedichten und Liedern immer noch in den Köpfen verankert ist, zeigen auch die zahlreichen Lieder, welche durch die Sendung verbreitet wurden. „Ma Na Ma Na“, „Hätt’ ich dich heut erwartet, hätt’ ich Kuchen da“, „Quietscheentchen“ oder allein die Titelmusik rufen auch noch bei vielen Erwachsenen Kindheitserinnerungen wach.

Erwähnenswert ist übrigens, dass die Rechnung der Macher dieser Sendung nicht wirklich aufging. Gedacht war, dass eher die Kinder der Mittel- und Unterschicht diese Sendung schauten. Diese gutgemeinte Intention verfehlte ihre Wirkung, denn es waren vor allem auch die Kinder aus gebildeteren Familien, die sich die halbstündigen Geschichten um 18:00 Uhr ansahen.

Aus der Sendung „Sesamstraße“ entstanden in den letzten Jahrzehnten auch weitere Produktionen (Spin Offs), bekanntester Vertreter ist natürlich „Jim Henson’s Muppet Show“ bzw. „Muppet Babies“, in dem Kermit die Hauptrolle spielte.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Jugendzeitschrift „Die Brücke“, Ausgabe 12/2012, des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenvereins e. V. (DBSV).


Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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