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Artikel und Essays

Bloß kein falsches Wort! Über die Berührungsängste gegenüber blinden Menschen

Den folgenden Text habe ich vor einigen Jahren bereits in einer Textsammlung auf meiner Homepage veröffentlicht gehabt. Es war zudem mein erster, größerer Schreibversuch, was Artikels und Essays anbelangt. Ein Teil meiner alten Texte veröffentliche ich jedoch nach und nach auch hier, in meinem Blog; denn sie sind viel zu schade, um einfach im „Archiv“, in hintersten Winkeln einer Website quasi zu verstauben und nicht mehr gelesen zu werden…

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Artikel und Essays

Gedanken-Gänge XI – Niemand sagt uns, was wir können, außer wir selbst!

Manchmal frage ich mich, in was für einer Welt ich hier eigentlich lebe? Warum ich mir immer und immer wieder von Sehenden sagen lassen muss, was ich als Blinder kann, wozu ich, trotz fehlenden Augenlichts, in der Lage bin, was ich leisten kann und was für mich machbar ist? Warum meinen Sehende uns einschätzen zu können? Sie beurteilen zumeist doch eh nur die Situation anhand ihrer Sehend-Erfahrung und schneidern sich daraus ihre Vorstellungen, wie es sein könnte, wenn man Situation X blind durch-/erlebt.

Viele unterstützen meine Einstellung. Viele tun dies jedoch auch nicht. Sie glauben, sie wüssten, wie der Hase eines Blinden läuft. Sie wüssten, was für mich das beste sei und sie finden es scheinbar unverantwortlich, wenn ich mich den ungeschriebenen Gesetzen nicht unterordne und einfach mein Ding durchziehe.

Es gäbe so viele Beispiele, die man jetzt hätte anführen können… Ich erspare mir dieses gebeetsmühlenartige Aufzählen jedoch und gebe Euch nur einen kleinen Satz als Fazit, über den Ihr Sehenden da draußen einmal nachdenken könnt:

Wenn Ihr glaubt, uns sagen zu dürfen, was wir können und was nicht, dann werden wir Euch zukünftig auch vorschreiben, welche Musik, welcher Lärm, allgemein was für Eure Ohren das beste ist! Denn laut Euch sind wir ja die Meister des Hörens und könnten somit ja einmal genau so urteilen, wie Ihr es so oft versucht…

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Blind durch den Allgäu Skyline Park – Ein Testbericht

Kann man als Blinder in Deutschland Freizeitparks uneingeschränkt nutzen?

Dieser Frage versuche ich derzeit im Rahmen einer Recherche für einen neuen Artikel nachzugehen. Vorab nur so viel: Leider ist es blinden Besuchern nur in sehr wenigen Parks gestattet, die Fahrattraktionen auch ohne sehende Begleitung uneingeschränkt zu nutzen. Zu einem dieser Vertreter zählt der Allgäu Skyline Park, welchen ich am vergangenen Wochenende mit Unterstützung von parkerlebnis.de getestet habe.

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Gedanken-Gänge: „Der Glaube kann Berge versetzen“… Wir können dies jedoch auch! Nachlese zu einem älteren Blogeintrag

Vor längerer Zeit berichtete ich in diesem Beitrag von einer Begegnung mit einem Menschen, der mich von der heilenden Kraft Gottes überzeugen wollte. Heiko Kunert griff dieses Thema auf und veröffentlichte im März zwei Artikel zum Thema Blindheit und Glaube, welche an dieser Stelle Euch wärmstens ans Herz gelegt seien!

Blindheit und der Glaube an die Wunderheilung auf BlindPR bzw. Teil 2

Der für mich wichtigste Satz bzw. die im Text gestellten, sehr wichtigen Fragen, seien an dieser Stelle zitiert:
„Warum gibt es „Menschen mit Behinderungen, die sich an dieser stören“? Ist nicht ein Hauptgrund hierfür, dass sie sich hilflos fühlen und von der Gesellschaft ausgegrenzt? Geht es wirklich um den Menschen mit Behinderung oder nicht doch viel mehr darum, eine Gesellschaft zu schaffen, in der sich behinderte Menschen gleichwertig fühlen können?“

Darüber sollten wir, ob nun behindert oder nicht-behindert, einmal nachdenken. Gerade, wenn wir wieder einmal Wissenschaftler und Ärzte so in den Himmel loben, wenn sie sich wieder etwas ausgedacht haben, das uns Blinde ein stück weit „sehend“ machen könnte. Denn im übertragenen Sinne könnten diese assistiven Technologien doch auch als eine Art „Wunderheilung“ verstanden werden?

Wir verlernen es, mit uns umzugehen und uns zu akzeptieren. Man nehme z. B. das langsam leidige und von mir auch schon oft herangezogene Thema der ‚molligen Menschen‘. Medial gern verwertet, jedoch zumeist mit negativen Eigenschaften besetzt, ist Molligsein etwas, das es zu beseitigen gilt, um das eigene Wohlbefinden zu stärken.

Dies lässt sich aber auch sehr gut auf uns Blinde und unsere Blindheit übertragen: Denn immer wieder wird uns vorgehalten, was wir nicht können – nämlich sehen – und welche Einschränkungen im Alltag daraus resultieren. Doch ist dies wirklich so? Oder nehmen sich die Nichtgehandikapten nicht eher das Recht heraus, uns sagen zu dürfen, was wir wirklich können und was nicht?

Sind Blindheit, Gehörlosigkeit oder Gelähmtsein wirklich noch so verwerflich, dass wir unbedingt nach einem Leben ohne Handikap streben und somit nach der angebotenen (Wunder-)Heilung greifen sollten? Oder geht es uns wirklich so schlecht und ich für meinen Teil habs bloß noch nicht be-/gemerkt…

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Artikel und Essays

Gedanken-Gänge X – Bei (Sicherheits-)Risiken und Nebenwirkungen… oder: Brauchen wir wirklich mehr „Barrierefreiheit“?

In einer Diskussion mit russischen Blinden wurde ich vor kurzem gefragt, was eigentlich Barrierefreiheit bedeutet. Wann ist ein Ort, ein Platz, ein Dokument barrierefrei?

In Deutscher Manier stürzte ich mich sogleich auf die vorherrschenden Definitionen und Regelungen und erklärte, dass ein Ort dann barrierefrei ist, wenn es Menschen mit unterschiedlichen Belangen (z. B. Handikaps) möglich ist, diesen aufzusuchen. Wenn es z. B. einen Fahrstuhl gibt, in dem sogar die Tasten noch mit Großdruck oder Blindenschrift versehen sind, wenn es an einem Bahnsteig z. B. ein Leitsystem gibt, welches mit dem Blindenstock erfasst werden kann, oder, im Falle von Dokumenten und Inhalten, wenn sie ebenfalls so aufbereitet wurden, dass sie für verschiedenste Personengruppen uneingeschränkt nutzbar sind.

Man widersprach mir mit Nachdruck und fragte, warum ich Barrierefreiheit so ausschließlich an den örtlichen Gegebenheiten festmachen würde? Nach ihrer Auffassung sei ein Platz, ein Ort oder was auch immer dann barrierefrei, wenn jemand mit Einschränkung es nutzt und es ist dabei egal, wie er es nutzt. Wenn ein Rollifahrer trotz Bürgersteige und der Blinde ohne akustischem Ampelsignal die Straße überquert und beide somit an ihr Ziel gelangen, wenn jemand mit Hilfe ein Dokument vorgelesen bekommt und/oder ausfüllt, wenn sich ein Blinder in einem Restaurant die Speisekarte vorlesen lässt, weil’s keine Karte in Blindenschrift gibt, sind doch all diese Dinge im Grunde barrierefrei. Die Ziele wurden doch erreicht, sonst wäre es nicht barrierefrei!