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Knut ist tot oder: Das Ende eines Hypes

Knut ist tot – Diese Nachricht erschütterte am Samstagnachmittag eine Nation.
Doch handelte es sich hier nicht um eine (menschliche) Persönlichkeit, um die es nun zu trauern gilt: Nein, um einen berliner Eisbären, welcher am Samstag das zeitliche segnete und dessen Tod somit das Ende eines enormen Hypes bedeutet.

Angefangen hat alles am 05.12.2006. Nach dreißig Jahren konnte der Zoologische Garten Berlin die erste Eisbärengeburt verzeichnen, welche ein zunächst lokales, später auch internationales Medieninteresse wecken konnte. Doch im Gegensatz zu anderen, eher kurzlebigeren, (Medien)Ereignissen stand (und steht) Knut seit 2007 in der Gunst der Zuschauer und der Zoobesucher. Er war Attraktion, sowohl medial als auch real. Jede kleinste Neuigkeit um Knut wurde von den Medien, vor allem von der Boulevardpresse, aufbereitet und dem sensationsgierigen Publikum als Solche präsentiert.
Aber nicht nur in ausgeschweiften Reportagen und Fernsehnachrichten schlug sich das Interesse an diesem tierischen Star nieder. Auch die Stofftierindustrie witterte große Einnahmen und man konnte einen Eisbären für das heimische Wohn- oder Schlafzimmer erwerben. Der Name Knut erlangte für kurze Zeit Kultstatus, so las man in Zeitungen über neugeborene Jungen, welche nach Knut benannt wurden.

Doch jetzt, nach über vier Jahren, hat der Hype ein Ende. Am 19.03. brach Knut vor den Augen der Zoobesucher zusammen. Eine Obduktion soll nun die Todesursache klären. Da fragt man sich nur, ob dieser Aufwand bei jedem gestorbenen Zoo-Tier betrieben wird oder nur speziell bei Knut, weil das Interesse der Medien sowie der Zoobesucher an ihm enorm hoch ist?
Im Moment kann man über seinen Tod nur spekulieren. Vielleicht ist er ja vergiftet worden oder hat sich selbst das Leben genommen, weil er diesen ganzen Hype nicht mehr ertragen konnte/wollte. Er wäre unter all den „Stars“ ja schließlich nicht der Erste Star… 😉

Mit seinem Tod konnte der „niedliche“ Eisbär ein letztesmal das Interesse der Medien wecken, die dieses ‚Ereignis‘ aufzubereiten und beispielsweise als „traurige Nachricht“ wohl zu verkaufen wussten.

Jedoch war Knut nicht der erste große „Star“ unter den Tieren. Man erinnere sich: Fußball-WM 2010. Hier machte ein gewisser Paul von sich Reden. Man sagte, dieser Octopus wäre in der Lage, den Ausgang der WM-Spiele vorherzusagen. In den meisten Fällen lag dieser Paul ja richtig; wie gesagt, nur in den meisten Fällen – nicht in Allen.
Die Vorhersagen des Spielausgangs wurden, genau wie jegliche Neuigkeit über Knut, international von den Medien aufgegriffen. Krake Paul orakelte über das Ende eines jeden WM-Spiels, immer wiederkehrend, wie die Ziehung der wöchentlichen Lottozahlen. Seine falschen Prognosen sorgten für Morddrohungen; als hätten sie ihn je erreicht bzw. als hätten sie ihn überhaupt je gekümmert. Aber das Vertrauen in seine Aussagen zum Spielausgang waren enorm hoch, obwohl jeder wissen sollte, dass dies reine Willkür gewesen war. Aber irgendeinen Sündenbock für das verlorene Spiel muss es ja geben…

Wie jetzt bei Knut, so endete der Hype um Orakel Paul mit dessen Tod. Und wie auch bei Knut, war hier das Zuschauerinteresse an einem Tier äußerst groß.
Bei Paul war es das Mysteriöse, das Interesse am (eigentlich) Unvorhersehbaren. Knut war einfach Attraktion mit sehr hohem Niedlichkeitsfaktor.

Generell erwecken in fiktionalen Medienangeboten Tiere und kleine Kinder großes Interesse und sorgen für höhere Einschaltquoten. Nicht umsonst gab es „Kommissar Rex“ und nicht gerade selten wurden in Katastrophenfilmen (wie durch gewolltem Zufall) ein Haustier oder vielleicht auch ein kleines Kind in der zu verlassenen Wohnung zurückgelassen, welches (noch unbedingt) gerettet werden muss.

Doch Knut und Paul zeigen einmal mehr, dass nicht nur in unterhaltenden, sondern auch in informativen Medienangeboten sensationell Tierisches für Quote sorgen kann. Auch wenn es am Ende bloß die hochgepushte Nachricht eines Todes ist.
Und diese Nachricht, welche wichtiger nicht zu sein scheint, lässt für einen kurzen Augenblick alle wirklich drastischen News belanglos erscheinen…

Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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