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Freizeit-Land Geiselwind: Bayerns stärkstes Stück Freizeit auch für einen Blinden? Ein Testbericht

Freizeitparks als Blinder, ohne sehende Begleitung, zu nutzen ist – zumindest hier in Deutschland – nach unseren bisherigen Testergebnissen nicht immer von hundertprozentigem Erfolg gekrönt. Häufig machen dem Fahrterlebnis TÜV-Empfehlungen und Bestimmungen örtlicher Baubehörden einen Strich durch die Rechnung.

Wie verhält es sich im Freizeit-Land Geiselwind, dem nach eigenen Angaben „stärkstem Stück Freizeit“ in Bayern? Bei unseren Vorerkundigungen wurde uns hier mitgeteilt, dass der Nutzung der Fahrgeschäfte durch blinde Parkbesucher, auch ohne Begleitung, nichts im Wege stünde. Etwas, das es zu testen galt!

Das Freizeit-Land hatte ich vor rund zwanzig Jahren schon einmal besucht gehabt, hier allerdings in Begleitung meiner Eltern. Da ich mich noch recht gut an diesen Besuch erinnern konnte, war ich sehr gespannt, was sich alles in all den Jahren verändert hat.

Anreise zum Freizeit-Land Geiselwind mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Das Freizeit-Land Geiselwind ist mit dem öffentlichen Nahverkehr gut bis sehr gut zu erreichen. Entweder ab Kitzingen mit dem Bus mit Umstieg in Wiesentheid direkt zum Freizeit-Land, oder ab Bamberg mit dem Bus mit Umstieg in Ebrach bis Geiselwind, Abzw. Röhrensee. Wer letztere Verbindung wählt, erreicht den Park nach neunminütigem Fußweg.

>Einlass

Am Parkeingang angekommen, kaufte ich mir an der Kasse mein Ticket für den Park und erhielt auch noch einige erste Infos, wo ich in der näheren Umgebung welche Attraktion finden könne. Dass ich ohne sehende Begleitung unterwegs war, wurde hier nicht groß thematisiert.

Orientierung

Im Gegensatz zum zuvor getesteten Bayern Park, verlief dieser Besuch etwas erfolgreicher – was das Testszenario anbelangt! Denn an diesem Sonntag waren, trotz des wechselhaften Wetters, einige Besucher im Park unterwegs.
Eine Orientierung mit Hilfe des Personals oder anderer Gäste ist sehr gut machbar. Oftmals liegen nämlich die verschiedenen Fahrgeschäfte nicht weit voneinander entfernt, so dass man durchaus auch das Aufsichtspersonal bitten kann, einem die grobe Richtung zur nächsten Attraktion zu zeigen. Falls dies mal nicht klappte, halfen andere Parkbesucher bereitwillig weiter.

Ferner ist die musikalische Begleitung bzw. Untermalung vieler Attraktionen bei der Orientierung sehr hilfreich. Vor allem der Freifallturm und der Break Dance waren sehr gut durch die laufende Musik auffindbar.

Die einzelnen Attraktionen im Test

T-Rex Tower (Vertikalfahrgeschäft/Shot’N’Drop)):
Erste Station war der T-Rex Tower (bis 2002 als „Shot’n’Drop“ des Frankfurter Schaustellers Roie unterwegs), ein 56 M hoher Freifall-Turm. Besonderheit dieser Attraktion ist, dass man nicht nur, wie bei den meisten Freifalltürmen, den freien Fall erlebt, sondern auch das eine oder andere Mal in die Luft geschossen wird. Beim Turm angelangt, halfen mir zunächst andere Gäste, später die Aufsicht, beim Betreten bzw. Verlassen der Attraktion.
Boomerang (Boomerang):
Ein besonderes Fahrerlebnis bietet diese Achterbahn, die ihrem Namen alle Ehre macht. Völlig unvoreingenommen und somit auch unvorbereitet ging ich an diese Fahrt heran und war über den Fahrtablauf etwas überrascht: Nach dem man die Strecke vorwärts gefahren ist, geht es, samt Loopings, im gleichen Tempo rückwärts wieder zurück. In einigen Parks hätten dem Personal die Haare zu Berge gestanden, hätte ich erwähnt, dass mir der Fahrtablauf unbekannt sei. Denn genau darin liegen oftmals die Begründungen, warum ein Blinder eine Begleitung haben sollte. Hier verlief der gesamte Ablauf wieder vollkommen problemlos. Nach dem ich mir von anderen Besuchern den Eingang zur Bahn hatte zeigen lassen, wurde ich am Einstieg von einem Operator in Empfang genommen. Er begleitete mich zu einem freien Wagen und zeigte mir am Ende auch wieder den Weg aus der Bahnanlage heraus.
Break Dance (Breakdance):
Ein typisches Kirmesfahrgeschäft, auch mit entsprechender, musikalischer Begleitung, stand als nächstes auf dem Plan. Wo es auf der Kirmes jedoch zumeist hoch her geht und binnen weniger Sekunden die freien Gondeln besetzt werden, ging es hier etwas ruhiger zu. Die Aufsicht half mir, eine freie Gondel zu finden und brachte mich am Ende der Fahrt auch wieder von der Plattform runter und zeigte mir den Weg zur nächsten Attraktion.
Shuttle (Ranger):
Bei diesem Fahrgeschäft kam es zu einem kleinen Zwischenfall. Ein anderer Gast hatte mir den Weg zum Eingang gezeigt, jedoch machte der Operator kaum Anstalten, mir zu helfen. Eher im Gegenteil. Er bedeutete dem Gast, mir den Einstieg zu zeigen, obwohl dieser ihm zu verstehen gab, dass er gar nicht mitfahren wolle und mir lediglich den Eingang gezeigt hatte. Vielleicht waren auch Sprachbarrieren ein wenig hinderlich, denn auch ich hatte am Ende versucht, mit dem Operator noch einmal ins Gespräch zu kommen, jedoch ohne Erfolg. Dennoch, eine Nutzung des Fahrgeschäfts kam zustande.
Enterprise (Enterprise):
Noch ein Fahrgeschäft mit Weltraum-Thematik. Das besondere an diesem Überschlag-Fahrgeschäft ist jedoch, dass man den Looping nicht merkt und die Fahrt somit eher harmlos wirkt. Andere Besucher sowie das Personal waren mir auch bei dieser Attraktion wieder behilflich und sorgten für einen unbeschwerten Fahrspaß.
Ikarus (Condor):
Hoch hinaus ging es mit diesem, eher ruhigeren, Fahrgeschäft, bei dessen Nutzung es ebenfalls keinerlei Probleme oder Diskussionen gab. Denn auch hier zeigten mir die Mitarbeiter eine freie Gondel bzw. holten mich nach Fahrtende wieder ab.
Blauer Enzian (Powered Coaster):
Nostalgie und Kindheitserinnerungen lassen grüßen, denn an dieses Fahrgeschäft konnte ich mich noch erinnern. Nur als Erwachsener sind die Wagen doch etwas klein. Nichts desto trotz wollte ich hiermit eine Runde drehen; das Personal stand beim Betreten der Anlage auch prompt zur Seite, um mir einen freien Platz zu zeigen.
Wildwasserbahn (Log Flume):
Trotz des wechselhaften Wetters war die Wildwasserbahn an diesem Tag mehr als gut besucht. Ich wunderte mich zudem, warum sich viele der anstehenden Besucher eine Art Regenponcho kauften – nach Fahrtende hatte ich es bitter bereut, es den anderen nicht gleich getan zu haben, denn ich glaube, so nass, wie bei dieser Wildwasserfahrt, bin ich bislang noch bei keinem vergleichbaren Fahrgeschäft geworden! Ein- und Ausstieg aus dem Boot klappte hervorragend. Eine größere Gruppe, die vor mir in der Warteschlange stand, nahm mich unter ihre Fittiche und begleitete mich, völlig durchnässt, am Ende der Fahrt auch wieder nach draußen.

Fazit: Test bestanden!

Der Slogan „Bayerns stärkstes Stück Freizeit“ trifft, was die Nutzbarkeit der Fahrattraktionen durch blinde Besucher anbelangt, voll und ganz zu. Die von mir getesteten Attraktionen konnten uneingeschränkt, d. h. auch ohne große Diskussionen und Probleme, genutzt werden. Lediglich einmal kam es aufgrund von Sprachbarrieren zu kleineren „Problemen“, was wir aber nicht zu negativ werten wollen.

Wir sagen auch an dieser Stelle wieder „herzlichen Glückwunsch“ zum sehr guten Testergebnis!

Nach diesem sehr erfolgreichen Test stellte sich mir jedoch die Frage: Ist Freizeitpark-Nutzung eine Frage des Bundeslandes? Freizeit-Land Geiselwind ist bereits der dritte Freizeitpark in Bayern, in dem eine uneingeschränkte Nutzung der Fahrattraktionen (mit Ausnahme von Bop- und Sommerrodelbahnen) möglich war und dies, ohne dass ich dabei groß gegen vorherrschende Sicherheitsbestimmungen und –Regelungen verstieß. Um ähnliche Aussagen für andere Bundesländer treffen zu können, sind weitere Tests nötig. Wir schauen daher mit Spannung auf Tests, die folgen werden.

Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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