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Als Blinder auf der Düsseldorfer Rheinkirmes 2019 – Der Testbericht

Sommerzeit ist vielerorts gleichzeitig auch Kirmeszeit. Gerade im Juli und August finden deutschlandweit viele kleine und große Volks- sowie Schützenfeste statt. Eines der Kirmes-Highlights dürfte auch dieses Jahr wieder unumstritten die Rheinkirmes in Düsseldorf sein, die gerne auch als „Größte Kirmes am Rhein“ bezeichnet wird.

Bereits 2017 konnte ich die Rheinkirmes für Parkerlebnis.de bei einem elf Fahrgeschäfte umfassenden Besuch ausführlich testen; rund zwei Jahre später stand nun ein Folgetest auf dem Programm. Gleich am ersten Kirmes-Wochenende stattete ich der „Größten Kirmes am Rhein“ einen erneuten Besuch ab – diesmal begleitet von Alexander Louis, einem Kollegen bei Parkerlebnis.de, der das ganze Geschehen inkognito im Hintergrund beobachten wollte.

Rheinkirmes 2019 von oben | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de

Wir hatten uns vorweg darauf verständigt, dass er – soweit es eben ging – sich aus dem Geschehen heraushalten und nicht eingreifen sollte, selbst wenn ich in einer Situation vielleicht Hilfe benötige. Denn nur so kann ein solcher Testbesuch all seine positiven als auch negativen Facetten aufzeigen. Eines sei zudem auch gleich vorab verraten: Auch wenn alle Testfahrten zustande kamen, verließen wir den Festplatz am Ende mit gemischten Gefühlen.

Der Schwerpunkt bei dem ausführlichen Kirmestest lag in diesem Jahr nicht nur auf den rasantesten und adrenalingeladensten Attraktionen. Ich habe mich diesmal nämlich bemüht, sowohl familiengerechte als auch schnellere Karussells mit in meinen Test einzubeziehen.

Der Break Dancer des Schaustellers Bruch auf der Rheinkirmes 2019 | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de

Anreise

Die Rheinkirmes ist bestens an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden. Vom Düsseldorfer Hauptbahnhof aus erreicht man die Haltestelle Luegplatz (zum Beispiel mit den U-Bahn-Linien 75 und 76) binnen weniger Minuten. Von hier aus lässt man sich am besten vom Besucherstrom treiben. Ansonsten ist lediglich eine Straßenkreuzung zu überqueren, hier ist extra eine kleine Ampelanlage mit Tonsignal vorhanden.

Orientierung

Im Grunde ist es möglich, bei einem Besuch eine große Runde zu laufen. Es gibt jedoch in regelmäßigen Abständen Seitenwege, um schneller zu bestimmten Attraktionen oder zum Ausgang zu gelangen. Es kann daher gut passieren, dass man aufgrund dessen ein wenig die Orientierung verliert. Am besten merkt man sich markante Punkte beziehungsweise Fahrgeschäfte, an denen man bereits vorbeigelaufen ist, um sich nicht ganz zu verlaufen.

Die einzelnen Fahr-Attraktionen im Test

Spinning Racer (Spinning Coaster), Bruch:
Mit etwas gemischten Gefühlen begab ich mich zu dieser Testfahrt, denn in der Vergangenheit gab es sowohl positive als auch negative Erfahrungen mit dieser Attraktion – gerade was Diskussionen um eine vorhandene Begleitperson anbelangt. Doch diesmal lief der Nachtest sehr gut. Die Kassiererin brachte mich bis an das Ende der Warteschlange und bat ihren Kollegen am Einstieg, sich später meiner anzunehmen. Bis dorthin übernahm ein elfjähriger Junge das Zepter und brachte mich sicher zu einem freien Wagen. Nach Fahrtende führt mich einer der Mitarbeiter zur Treppe, an dessen Ende sich der Ausgang der Bahn befand. Der Spinning Racer von Bruch, eine von 5 Achterbahnen auf der Rheinkirmes 2019 | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de
Break Dance (Break Dance 1), Bruch:
Dieser Klassiker durfte natürlich auch auf der Rheinkirmes nicht fehlen und war gleich zweimal dort vertreten. Den Break Dance der Schaustellerfamilie Bruch testete ich bereits erfolgreich bei meinem Rheinkirmes-Erstbesuch 2017. Die Nachtestung stand der ersten Testfahrt in nichts nach. Nach Kauf des Fahrchips wurde ich gleich gefragt, ob ich Hilfe benötige. Ein herbeigerufener Mitarbeiter führte mich auf die Plattform zu einer freien Gondel, sammelte mich nach Fahrtende dort auch wieder ein und geleitete mich auf den Hauptweg zurück.Break Dance von Bruch | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de
Break Dance No.1 (Break Dance 2), Kinzler:
Der zweite Break Dance auf der diesjährigen Rheinkirmes wurde ebenfalls erfolgreich von mir getestet. Auch hier half das Aufsichtspersonal bereitwillig weiter, so wie es eigentlich überall sein sollte. Zusätzlich wurde mir noch angeboten, das Karussell auf mein Handzeichen sofort anzuhalten, wenn es mir zu schnell sei und ich abbrechen wollen würde – eine wirklich nette Geste, wie ich finde.
Shake & Roll (Shake R5), Schäfer:
Im Grunde verlief auch diese Testfahrt erfolgreich. Beim Einstieg war mir jemand vom Personal behilflich. Nach Fahrtende verließ ich selbstständig die Gondel, die auch sogleich von einem anderen Kirmesgast reserviert wurde. Etwas irritiert riet er mir, die Plattform zu verlassen, woraufhin ich antwortete, dass das Personal noch meinen Blindenstock hätte und ich dies ohne diesen oder Hilfe eines Mitarbeiters nicht könne. Genau in diesem Moment kam jedoch die Aufsicht, gab mir den Stock und brachte mich sicher wieder zurück. Shake & Roll von Schäfer | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de
Ghost Rider (Booster), Löffelhardt:
Auch hier wurde mir vom Personal beim Auffinden einer freien Gondel sowie beim Verlassen des Karussells einfach und unkompliziert geholfen. Schon lange wollte ich dieses rasante Fahrgeschäft, dessen Fahrtablauf man ungefähr mit dem eines Shake R5 vergleichen kann, einmal fahren. In Hamburg habe ich das Gastspiel 2015 verpasst und danach ergab sich bislang noch nie eine weitere Gelegenheit – bis jetzt. Diese Testfahrt hat sich somit gleich in zweierlei Hinsicht mehr als gelohnt.

Happy Sailor (Seesturmbahn), Howey:
Hier kann man wirklich von einem Traditionsfahrgeschäft sprechen, denn bereits seit 40 Jahren bereist Schausteller Howey mit seinem „Happy Sailor“ die Kirmesplätze unseres Landes – so auch häufiger in den 90er Jahren Wolfsburg, wo ich aufgewachsen bin. Somit war auch diese Testfahrt etwas besonderes – ein Stück Kindheitserinnerungen eben. Die Testfahrt verlief jedoch nur teilweise positiv. Der Kassierer war ein wenig mit der Situation überfordert, hinzu kamen noch Sprachbarrieren. Meine Frage nach Hilfe blieb vorerst unbeantwortet. Als nach mir keine neuen Gäste mehr an der Kasse standen und ich auch, mich an der Musik orientierend, zunächst in die falsche Richtung gelaufen war, flog hinter mir die Tür des Kassenhäuschens auf und der Kassierer führte mich etwas unwirsch auf die Plattform. Dabei wurde ich mehr stolpernd als gehend vorwärts gezogen, denn Treppenstufen wurden vorher nicht angesagt. Er schien es eilig gehabt zu haben, vielleicht hätte er seinen Kassenposten auch gar nicht verlassen dürfen. Nach Fahrtende übernahm jedoch einer der Aufseher und führte mich, diesmal etwas umsichtiger, von der Plattform. Der Happy Sailor von Howey | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de
Big Monster (Monster 3), Krameyer:
Bereits beim diesjährigen Hamburger Frühlingsdom erfolgreich getestet, verlief auch dieser Nachtest des „Big Monster“ wieder sehr erfolgreich. Scheinbar wird hier Hilfsbereitschaft sehr groß geschrieben, denn das Hilfsangebot eines anderen Gastes, mich mit auf die Plattform zu nehmen und mir eine freie Gondel zu zeigen, wurde vom Kassierer vehement abgelehnt – sie würden sich selbst um mich kümmern. Und das taten sie auch. Das Ergebnis dieser Testfahrt stand also dem vom Frühlingsdom in nichts nach.

Circus Circus (Magic), Gründler & Preuß:
Ebenfalls sehr positiv verlief die Testfahrt mit „Circus Circus“. Auch hier ließ es sich das Personal nicht nehmen, mich nach Fahrtende wieder von der Plattform zu geleiten, obwohl noch ein anderer Gast mit in der Gondel saß und durchaus hätte helfen können. Circus Circus von Gründler | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de
Wellenflug (Wellenflug), Hanstein:
Etwas höher hinaus ging es mit diesem Klassiker. Großartige Hilfsbereitschaft erfuhr ich auch bei dieser Testfahrt. Obwohl es im Laufe des Nachmittags an sämtlichen Attraktionen immer voller wurde, nahm man sich die Zeit, mir auch hier beim Ein- und Ausstieg sowie dem Verlassen der Anlage behilflich zu sein.
Voodoo Jumper (Smashing Jump), Schäfer:
Ebenfalls sehr positiv verlief diese Testfahrt. An der Kasse erfragte ich auch hier die Möglichkeit nach Hilfe. Ich wurde gebeten, kurz zu warten und wurde nach wenigen Augenblicken bereits vom Personal über den Ausgang zu einem freien Platz geführt. Nach Fahrtende stand der Mitarbeiter auch schon wieder bereit und brachte mich zurück. Voodoo Jumper von Schäfer | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de
Jules Verne Tower (Starflyer), Goetzke:
So langsam verdeutlicht sich, dass es bei dieser Schaustellerfamilie wohl etwas schwieriger ist, Personal herbeizurufen. Wie auch schon bei anderen Testfahrten mit Fahrgeschäften, die von Familie Goetzke betrieben werden, wurde mir hier an der Kasse gesagt, dass sie niemanden hätten, den sie als Hilfestellung abstellen könnten. Ich möge zum Beispiel den Gast hinter mir fragen, er würde mir bestimmt weiterhelfen. An sich ist an dieser Herangehensweise nichts zu bemängeln, nur wirkt es leicht irritierend, wenn mir am Ende von meinem sehenden Begleiter erzählt wird, dass theoretisch genügend Aufsichtspersonal auf der Plattform gewesen wäre. Bei anderen Schaustellern mit ähnlich viel anwesendem Personal klappt dies ja auch. Nichtsdestotrotz fand die Fahrt statt, anfangs mit Hilfe eines anderen Gastes, zum Schluss dann doch mit Hilfe des Personals .Der Jules Verne Tower, ein Kettenflieger der Schaustellerfamilie Goetzke | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de
Predator (Top Star Tour), Kaiser:
Dieses Fahrgeschäft wurde bereits zweimal gefahren, wovon eine Fahrt auch als Test im Bericht zur Annakirmes 2016 dokumentiert ist. Bei bisherigen Fahrten hat es nie Probleme seitens des Personals gegeben – doch einmal kommt bekanntlich immer das erste Mal. Leider war der Kassierer alles andere als bemüht, mir in irgendeiner Form weiterzuhelfen. Desinteressiert saß er im Häuschen und verstand zudem auch nicht, was genau ich von ihm wollte. Wie meine Begleitung mir später erzählte, zeigte er mir mit dem Finger zwar noch in die Richtung, in die ich zum Eingang gehen müsste, aber ohne ein Wort bringt einem blinden Gast diese Geste nichts. So orientierte ich mich auch hier wieder an der Musik und der Rekommandation, fand eine Treppe nach oben und wurde hier dann von einer anderen Besucherin entdeckt und zu einem freien Platz gebracht. Ob sie auch mitgefahren war oder vorsichtshalber bis zum Fahrtende gewartet hat, weiß ich nicht. Auf jeden Fall war sie nach Fahrtende wieder zur Stelle, um mich auch hinauszuführen. Die Fahrt fand statt, aber die Umstände waren mehr als fragwürdig.
Propeller (Inversion XXL), Ordelman:
Eine weitere Nachtestung war angesagt. Ordelmans „Propeller“ wurde von mir bereits sehr erfolgreich auf dem Winderdom 2017 getestet. Dass man als blinder Kirmestester irgendwann wohl aufzufallen scheint oder einfach im Gedächtnis bleibt, durfte ich hier wieder einmal feststellen. Denn der Kassierer wusste noch ganz genau, auf welcher Kirmes wir uns schon einmal begegnet waren – auch wenn dies schon mehr als ein Jahr her ist. Und wie auch beim Testdebüt wurde mir auch dieses Mal bereitwillig geholfen, ein vereinfachter Zugang durch den eigentlichen Ausgang war inbegriffen. Der Propeller von Ordelman | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de
High Energy (Starshape), Kaiser:
Diese Attraktion bedarf eigentlich überhaupt keiner Erklärung mehr. Denn Kaisers „High Energy“, einer meiner persönlichen Favoriten, wurde von mir bereits mehr als nur einmal gefahren und getestet. Einfach unkompliziert und mit hilfsbereiten Mitarbeitern – so lässt sich auch diese Fahrt wieder einmal beschreiben.

Nessy (Schiffschaukel), Markmann:
Zum Abschluss des diesjährigen Rheinkirmes-Tests wollte ich einen weiteren Klassiker fahren. Und auch die letzte Testfahrt des Tages verlief ohne Probleme, Diskussionen oder dergleichen und mit Hilfe des anwesenden Personals. Nessy, eine Schiffschaukel der Schaustellerfamilie Markmann | Bild Copyright Alexander Louis, Parkerlebnis.de

Fazit: Testergebnis gut, jedoch ausbaufähig

Bei einem der bisher umfangreichsten Testbesuche unserer Testreihe wurden von mir 15 Fahrattraktionen auf ihre Nutzbarkeit durch blinde Gäste ohne sehende Begleitung getestet. Das positive gleich vorweg: Bei allen getesteten Fahrgeschäften fand auch eine Fahrt statt.

Beim Großteil der Attraktionen wurde mir bereitwillig vom Personal weitergeholfen, in einem Fall wurde ich auf andere Gäste verwiesen. In einem anderen Fall wurden allerdings überhaupt keine Anstalten gemacht, mir in irgendeiner Art und Weise weiterzuhelfen.

Auch wenn natürlich Sprachbarrieren die Ursache für die kleinen Schnitzer im sonst so guten Testergebnis sein könnten, sollte ein Mindestmaß an Verständigung trotzdem immer möglich sein, um Nachfragen von Besuchern – egal welcher Art – beantworten zu können.

Dies sind zum Glück allerdings nur kleine Ausnahmen. Allen anderen Beschickern können wir nur zum guten bis sehr guten Testergebnis gratulieren und sagen: Weiter so!

Weitere Videos von der Rheinkirmes Düsseldorf 2019

Von Christian Ohrens

Freier, geburtsblinder Journalist, Baujahr 1984, abgeschlossenes Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft, Autor, Web-, Foto- und Videoblogger, DJ und Gästeführer.

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